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Kein Palästinenserstaat - nirgends

11. November 2009

Fünf Jahre nach dem Tod Yassir Arafats sind die Palästinenser einem eigenen Staat nicht näher als zur Zeit seiner Regierung. Im Gegenteil, meint Bettina Marx in ihrem Kommentar.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

Vor fünf Jahren ist Yassir Arafat gestorben. Der erste Präsident der Autonomiebehörde starb in einem französischen Krankenhaus, fern seiner Heimat. Zwei Tage später wurde er in einer aufwühlenden, wilden Zeremonie von seinem Volk zu Grabe getragen, in Ramallah, nicht in Jerusalem, wie er es sich gewünscht hatte. Wie Moses, der die Israeliten ins gelobte Land führte, es aber selbst nie erreichte, so war es auch Arafat nicht vergönnt, seinem Volk in einem eigenen Staat eine neue alte Heimat zu geben. Von Ramallah aus konnte er zwar die Zinnen und Kuppeln der Stadt sehen, in der er der Legende nach geboren wurde, betreten durfte er Jerusalem aber nicht, ein Schicksal, das er mit Moses und den meisten seiner Landsleute teilte.

Israelische Siedlungen wachsen täglich

Bettina Marx
Bettina Marx

Fünf Jahre nach seinem Tod sind die Palästinenser einem eigenen Staat nicht näher als zur Zeit Arafats. Im Gegenteil, das kleine übrig gebliebene Stückchen des historischen Palästina, in dem sie ihren eigenen Staat errichten wollten, wird immer kleiner, während die israelischen Siedlungen täglich weiter wachsen. Genau fünf Jahre nach dem Tod Yassir Arafats haben wieder 17 palästinensische Familien im Ostjerusalemer Stadtteil Silvan Räumungsbescheide der israelischen Stadtverwaltung erhalten. Sie müssen ihre Wohnungen verlassen, damit hier, im Schatten der Altstadtmauer, ein Park angelegt werden kann, zum Gedenken an König David, der hier einst spazieren gegangen sein soll.

Mauer durch Ostjerusalem

Selbst Mahmoud Abbas, der weltweit geschätzte und äußerst nachgiebige Nachfolger Arafats, kann dies nicht verhindern. Er konnte auch nicht verhindern, dass 55.000 palästinensische Einwohner Ostjerusalems hinter einer neun Meter hohen Betonmauer verschwunden sind, ausgesperrt aus ihrer eigenen Stadt, abgeschnitten von ihrem Umfeld, ihren Schulen, ihren Arbeitsplätzen und ihrem sozialen Lebensmittelpunkt. Er konnte nicht verhindern, dass die Zweistaatenlösung inzwischen keine Option mehr ist, dass immer mehr Palästinenser, unter ihnen auch führende Fatah-Politiker, statt dessen gleiche Rechte in einem binationalen Staat vom Mittelmeer bis zum Jordan fordern.

Fünf Jahre nach dem Tod Yassir Arafats also ist die Zweistaatenlösung gescheitert. Es ist nur folgerichtig, dass Präsident Abbas, der wie kein anderer palästinensischer Politiker sein Schicksal mit der Zweistaatenlösung verbunden hat, nun seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hat und sein Chefunterhändler Saeb Erekat warnte, er könne das gleiche Schicksal erleiden wie Arafat, der nach Überzeugung der Palästinenser vom israelischen Geheimdienst vergiftet worden sein soll.

Leere Worte aus Deutschland

In Berlin indes hat man von den Veränderungen im Nahen Osten offenbar nichts mitbekommen. Weder die Sturheit der israelischen Regierung noch die Verzweiflung der Palästinenser haben hier einen Eindruck hinterlassen. Stattdessen wiederholt Bundeskanzlerin Angela Merkel gebetsmühlenartig, dass Deutschland weiterhin die Zweistaatenlösung unterstütze. Und Außenminister Guido Westerwelle wird bei seinem bevorstehenden Israel-Besuch das gleiche versprechen. Leere Worte, die nicht kaschieren können, dass es in Berlin keine Nahostpolitik mehr gibt und dass fünf Jahre nach dem Tod Yassir Arafats der Frieden im Nahen Osten weiter weg ist als je zuvor.

Kommentar: Bettin Marx

Redaktion: Stephanie Gebert/ Sarah Mersch