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Kein Respekt vor dem Hohen Haus

26. Februar 2010

Linke protestieren im Bundestag mit Plakaten gegen die Verlängerung des Afghanistan-Mandats und missachten die Geschäftsordnung. Aber auch die Regierung gibt eine schlechte Figur ab, meint Marcel Fürstenau.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Es gibt in der Deutschen Sprache eine Redewendung, die lautet: "Klappern gehört zum Handwerk". Damit ist sinngemäß gemeint, dass man sich am besten Gehör verschafft, indem man viel Lärm macht. Auf diese Weise erweckt man Aufmerksamkeit um jeden Preis. Sei es, um eine Ware zu verkaufen oder eine Nachricht. Nach diesem Muster sind die Linken im Deutschen Bundestag verfahren.

Sie haben während der abschließenden Debatte über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats ziemlich laut geklappert, obwohl sie im entscheidenden Moment geschwiegen, aber gleichzeitig Plakate mit den Namen ziviler Todesopfer hochgehalten haben. Es waren die Namen von Afghanen, die im Herbst vergangenen Jahres bei einem von der Bundeswehr zu verantwortenden Bombenangriff getötet worden waren. Die Aktion der Linken war eine brüllende Anklage gegen das militärische Engagement Deutschlands in Afghanistan, das in den Augen der Linken ein Krieg ist.

Verstoß gegen die Geschäftsordnung

Porträt Marcel Fürstenau, DW-Korrespondent in Berlin (Foto: DW)

Mit der Kraft des Wortes können sie versuchen, den politischen Gegner und die Bevölkerung von der Richtigkeit ihrer Argumente zu überzeugen. Von dieser Möglichkeit machen die Linken seit Beginn dieses militärisch höchst umstrittenen Engagements, ja dieses Krieges, Gebrauch. Und sie wissen dabei laut Umfragen die große Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Es war also auch deshalb völlig unnötig, dass die linken Abgeordneten mit Plakaten im Plenarsaal protestierten und damit gegen die Geschäftsordnung verstießen.

Wobei der Hinweis auf die Geschäftsordnung keineswegs kleinkariert ist oder gar kleinmütig. Nein, es ist der notwendige Hinweis darauf, sich doch bitte an die Regeln zu halten, die sich alle Fraktionen gemeinsam gegeben haben. Es ist also in der Tat eine Frage des Respekts vor der frei gewählten Volksvertretung im Deutschen Bundestag, dem sogenannten Hohen Haus. So betrachtet haben die Abgeordneten der Linken sich selbst den Respekt verweigert. Das ändert nichts an der Glaubwürdigkeit ihrer Antikriegshaltung, die sie meinten mit ihrer Aktion betonen zu müssen. Frei nach dem Motto eben, dass Klappern zum Handwerk oder hier zum Geschäft gehört.

Kein Minister ergreift das Wort

Abgesehen davon wäre das Regierungslager gut beraten gewesen, die erste Garde ins Rennen zu schicken, wenn der Deutsche Bundestag über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr unter gleichzeitiger Aufstockung der Truppen-Stärke debattiert und namentlich darüber abstimmt. Doch weder der konservative Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg noch der liberale Außenminister Guido Westerwelle nutzten die Gelegenheit, für ihre Überzeugung zu werben. Statt ihrer traten Abgeordnete aus der zweiten Reihe ans Rednerpult.

Natürlich wusste die Regierung, dass sie eine satte Mehrheit bekommen, und dass auch die oppositionellen Sozialdemokraten mehrheitlich mit Ja stimmen würden. Die ablehnende Mehrheit in der Bevölkerung indes hätte schon aus dem Munde der verantwortlichen Minister erfahren dürfen, warum deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben riskieren sollen. Auch wenn die Argumente für und wider lange bekannt sind - in dieser Stunde hätte Klappern hier zum Geschäft gehört, und zwar im positiven Sinne des Wortes.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Nicole Scherschun