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"Der Präsident macht nichts"

Jens Thurau (z.Zt. Lima)9. Dezember 2014

In Lima, wo gerade die Welt-Klimakonferenz stattfindet, ist der Mangel an Wasser das dringendste Umweltproblem. Die Gletscher der Anden schmelzen, die Regenzeit wird immer kürzer. Aus Lima Jens Thurau.

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Ausgrabung eines 5000 Jahre alten Tempels in Peru
Wenig Grün: Das Tal des Rio ChillonBild: picture alliance/EFE

Auf die Regierung Perus und auf Präsident Humala ist Maria Maldonardo nicht gut zu sprechen. "Der Präsident macht doch gar nichts für uns, wir müssen uns hier um alles selbst kümmern”, schimpft sie. Gerade hat sie eine Wasserlieferung bekommen, die ihr ein Tankwagen gebracht hat. Eine Kanalisation gibt es hier in Pachacutec, rund eine Autostunde nördlich von Lima nicht. Maria, 69 Jahre alt, muss für den Kubikmeter Wasser etwa 12 Soles bezahlen, rund 3 Euro. Viel für sie und ihren Mann, einen Fischer.

Das Wasser hat der Fahrer des Lastwagens in große Plastiktonnen gefüllt, jetzt muss Maria das kostbare Gut noch mit einem Wasserschlauch in den Tank in ihrem kleinen Haus befördern, sonst wird es von streunenden Hunden getrunken oder Nachts gestohlen.

160.000 Menschen leben hier in Pachacutec, vielen geht es so wie Maria. Und während in der Zehn-Millionen-Einwohner-Metropole Lima die Staaten auf der Konferenz gegen den Treibhauseffekt ankämpfen, ist der Klimawandel hier in vollem Gange.

Kein Gletscher, kein Fluss, kein Wasser

Das Wasser, das Maria geliefert wurde, stammt aus einem der großen Flüsse in der Gegend um Lima, dem Rio Chillon. Der entspringt in den Anden, auf 4000 Metern Höhe, in einem Gletscher. "Aber dieser Gletscher hat allein zwischen 1997 und 2007 23 Prozent seines Volumens verloren", sagt Christof Wünsch von der Hilfsorganisation "Brot für die Welt". Der Deutsche leitet die Organisation in Lima. "Und die Regenzeit wird immer kürzer. Noch vor wenigen Jahrzehnten dauerte sie sechs Monate, jetzt nur noch drei, von Dezember bis Februar", fügt er hinzu. Hier unten an der Küste, im Wüstenklima rund um Lima, regnet es praktisch nie. Der Kampf um das Wasser wird so immer härter.

Wünsch unterstützt die lokale Umweltgruppe Alternativa, die versucht, die Lage der Menschen wenigstens etwas zu mildern. Mehrere Familien haben sich mit ihrer Hilfe bereits zusammengeschlossen und beziehen das Wasser gemeinsam, lagern es in besseren Tanks und haben eine einfache Kanalisation aufgebaut. Aber angeliefert werden muss das Wasser immer noch, was den Preis in die Höhe treibt. Maria etwa zahlt den fünffachen Preis, den ein reicher Einwohner Limas berappen muss.

Krank durch lange Wasserwege

Das Wasser des Rio Chillon versorgt auf seinem Weg aus den Bergen Richtung Pazifik eine Million Menschen. Industriebetriebe und Landwirtschaft bedienen sich, die Wasserwerke arbeiten unter schlimmen hygienischen Bedingungen. Besonders dramatisch ist die Lage für Menschen wie Maria. Vom Wasserwerk in die Tanks, von dort in die Lastwagen, dann in Marias Plastiktonnen und am Ende in ihr Haus: Bei jedem Schritt wird das Wasser erneut verschmutzt. Infektionskrankheiten sind an der Tagesordnung.

Oswaldo Caceres von Alternativa blickt düster in die Zukunft, trotz all der kleinen Fortschritte, die die Kommunen machen. "Noch haben wir Wasser, aber wenn in ein paar Jahren die Gletscher ganz verschwunden sind, dann haben wir nur noch das Wenige, was die Regenzeit liefert. Dann weiß ich auch nicht mehr, was wir tun sollen." Welche Hoffnungen knüpft er an die UN-Klimagespräche in Lima? "Ach, dort geht es doch immer nur sehr mühsam voran, und mit den Menschen hier spricht ohnehin niemand", sagt Caceres resigniert.