1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ex-Leibwächter von Osama bin Laden darf bleiben

15. Juni 2016

Sami A. gilt als Drahtzieher in der deutschen Islamistenszene. Früher soll er der Leibgarde des getöteten Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden angehört haben. Dennoch darf der Tunesier nicht abgeschoben werden.

https://p.dw.com/p/1J7Ib
Screenshot aus dem WDR-Video "Bin Ladens Ex-Leibwächter wird nicht abgeschoben" (Quelle: WDR)
Sami A. darf in Deutschland bleiben, entschied das Verwaltungsgericht GelsenkirchenBild: WDR

Im Mai vergangenen Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Münster festgestellt, dass der in Bochum lebende Sami A. "eine akute erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit" darstellt. Auch der Verfassungsschutz hat ihn seit Jahren unter Beobachtung. Die Stadt Bochum wollte den 39-Jährigen bereits mehrfach in sein Heimatland zurückschicken. Nun aber entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Sami A. droht in Tunesien möglicherweise Folter, er darf daher nicht abgeschoben werden.

In Tunesien könnte Folter drohen

Trotz der Änderungen der politischen Situation in Tunesien bestehe nach wie vor ein hohes Risiko, dass Sami A. bei einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung drohe, urteilte das Gericht. Dies gelte insbesondere für Menschen, die im Verdacht stünden, zur Islamistenszene zu gehören. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf Angaben des Auswärtigen Amtes und einer Nichtregierungsorganisation.

Wie der Westdeutsche Rundfunk (WDR) berichtet, gilt Sami A. als Drahtzieher in der deutschen Islamistenszene. Er soll enger Vertrauter von Osama bin Laden gewesen sein und zu seiner Leibgarde gehört haben. Eine Straftat konnte ihm bisher allerdings nicht nachgewiesen werden. Dass er in der Leibgarde von Osama bin Laden tätig gewesen sein soll, bestreitet der Tunesier. Der Al-Kaida-Chef war am 2. Mai 2011 im pakistanischen Abbottabad von einer US-Spezialeinheit getötet worden.

Ein Verdacht allein reicht nicht zur Abschiebung

Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW, sagte dem WDR, es müsse klar nachgewiesen werden, dass Sami A. eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland darstelle. Ein Verdacht reiche nicht ausreichen. Laut Naujoks werden derzeit wieder viele ehemals Geduldete nach Tunesien abgeschoben. Für das Land gilt kein genereller Abschiebestopp.

Die Bundesregierung will Tunesien wie auch die beiden anderen Maghreb-Länder Algerien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten einstufen, um mehr Nordafrikaner wieder in ihre Heimatländer abschieben zu können. Über diese Änderungen im Asylrecht muss am Freitag auch der Bundesrat abstimmen. Damit das neue Asylgesetz in Kraft treten kann, müssten mindestens drei der zehn von den Grünen mitregierten Bundesländer zustimmen. Die Grünen lehnen die Einstufung der nordafrikanischen Länder als sichere Herkunftsstaaten ab.

Kompromiss zu "sicheren Herkunftsstaaten"?

Allerdings scheint sich ein Kompromiss abzuzeichnen. Nach einem Online-Bericht des Magazins "Focus" wird eine Protokollerklärung diskutiert, die die Bundesregierung am Freitag im Bundesrat als Ergänzung zu dem von der Koalition beschlossenen Gesetz abgeben will. Darin solle festgeschrieben werden, dass die Asylbegehren von bestimmten Personengruppen aus den Maghreb-Ländern mit besonderer Achtsamkeit geprüft würden. Dazu zählten Journalisten, Blogger und Homosexuelle.

Derzeit lassen Marokko, Tunesien und Algerien zurückgeschickte Asylbewerber allerdings vielfach nicht wieder einreisen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger plädierte dafür, den nordafrikanischen Maghreb-Staaten notfalls die Entwicklungshilfe zu entziehen, falls diese die Aufnahme abgelehnter Asylbewerbern weiter blockieren sollten. Die Bundesregierung müsse alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die drei Länder zur Kooperation zu bewegen, sagte Jäger.

cw/kle (dpa, WDR, kna, afp)