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Keine Bewegung in Verfassungsfrage

Bernd Riegert, Brüssel26. Januar 2004

Die Außenminister der Europäischen Union treffen sich am Montag (26.1.) in Brüssel. Neben dem drängenden Thema EU-Verfassung stehen auch der Iran, Serbien, China und Afghanistan auf der Tagesordnung.

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Wird der Petersberg Schauplatz einer weiteren Afghanistan-Konferenz?Bild: AP

Beim Mittagessen wollen die 15 EU-Außenminister zusammen mit ihren zehn Kolleginnen und Kollegen aus den Beitrittsländern erneut über die europäische Verfassung diskutieren. Zwanglos soll es in den zwei Tagen (26./27.1.2004) zugehen, so der Wunsch des irischen vorsitzenden Außenministers Brian Cowen. Mit Ergebnissen rechnet niemand.

Aus deutschen Diplomatenkreisen heißt es, mit der Verabschiedung der strittigen Verfassung, an der im Dezember der letzte EU-Gipfel scheiterte, sei während der irischen Präsidentschaft, die bis Ende Juni 2004 dauert, nicht zu rechnen. Bei der Kernfrage, wie die Stimmen bei künftigen Entscheidungen gewichtet werden sollen, hätten sich die Blockierer Polen und Spanien nicht bewegt.

Die irische Ratspräsidentschaft versucht zurzeit, in bilateralen Gesprächen herauszufinden, wo mögliche Kompromisslinien verlaufen. Der irische Außenminister spricht von 20 offenen Fragen, die noch geklärt werden müssten. Über den Stand der Verfassungsdebatte nach dem unter italienischem Vorsitz gescheiterten Gipfel gibt es keinerlei Aufzeichnungen. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte davon gesprochen, dass in 90 Punkten Einigkeit erreicht worden sei. Unterlagen dazu habe man auch nach einer "archäologischen" Reise in die Aktenarchive in Rom nicht finden können, heißt es von irischer Seite. Man fange praktisch wieder bei Null an. Im März soll der nächste EU-Gipfel über den weiteren Fahrplan für die Verfassungsgespräche beraten, die der erweiterten EU einen neuen institutionellen Rahmen bescheren sollen.

Spaltprodukt Besoldung

Ablehnen wird der Ministerrat ein vom Europäischen Parlament vorgeschlagenes Statut zur einheitlichen Besoldung der Abgeordneten. Deutschland und Österreich haben Bedenken gegen die Höhe der Bezüge, die Rentenansprüche und die automatische Anpassung der Gehälter an die Richtergehälter am Europäischen Gerichtshof.

EU-Diplomaten in Brüssel wiesen hierbei die Kritik des Parlamentspräsidenten Pat Cox zurück. Cox hatte Deutschland vorgeworfen, seine zunächst zustimmende Haltung nach Kampagnen in der deutschen Boulevardpresse wieder geändert zu haben. Die Bundesregierung habe schon seit langem Bedenken gegen das üppig gefasste Statut, hieß es dazu in Brüssel.

Verschieben werden die Außenminister eine Entscheidung über die Aufnahme von Gesprächen mit dem Iran, um ein Wirtschafts- und Kooperationsabkommen auszuhandeln. Der Iran hatte eigentlich den zügigen Abschluss eines solchen Abkommens mit der EU erwartet, nachdem er im Streit um seine Atomprogramme eingelenkt hatte und nun mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien zusammenarbeitet. Die Europäische Union möchte zunächst einen Bericht des IAEO-Generaldirektors Mohammed El Baradei zu den iranischen Atomprogrammen abwarten. Außerdem spielten auch noch andere Fragen wie Terrorismusbekämpfung, Menschenrechte und die Kandidatenaufstellung für die Parlamentswahlen im Iran eine Rolle, so EU-Kreise in Brüssel. Eine Entscheidung soll wahrscheinlich beim nächsten regelmäßigen Außenministerrat Ende Februar fallen.

Neue Afghanistan-Folgekonferenz?

Diskutiert wird auf Wunsch Frankreichs ein Ende des Waffenembargos gegen China, das die EU 1989 nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens verhängt hatte. Frankreich argumentiert, inzwischen habe sich China zu einem der wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Partner der EU entwickelt. Deshalb passe ein Embargo nicht mehr ins Bild. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer will zuerst eine genaue Analyse der Menschenrechtslage und den Ausgang der Wahlen in Taiwan im März abwarten, das von China als abtrünnige Provinz angesehen wird.

Die Außenminister sehen Anlass zur Sorge nach der Parlamentswahl in Serbien, wo radikale Kräfte Ende Dezember große Stimmenanteile gewinnen konnten. Die Bildung einer Regierung, die sich auf die demokratischen Parteien stützen kann, scheint sehr schwierig, heißt es in einem vorbereiteten Text. Das serbische Beispiel könne den radikalen Kräften in Albanien oder im Kosovo Auftrieb verleihen.

Die EU will sich außerdem mit der Lage in Afghanistan nach der Verabschiedung der Verfassung durch die Ratsversammlung Loya Dschirga befassen. Deutschland bietet nach wie vor an, eine Folgekonferenz zu Afghanistan auszurichten, nachdem ja bereits die erste internationale Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn stattgefunden hatte. Die EU-Staaten und die afghanische Regierung sich noch nicht einig, ob es sich bei dem Treffen um eine reine Geberkonferenz oder eher um eine politische Veranstaltung zur Zukunft Afghanistans handeln sollte.