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Apple vs. Samsung

Andreas Becker24. Mai 2012

Die gerichtlich angeordneten Schlichtungsgespräche zwischen Apple und Samsung sind offenbar ergebnislos verlaufen. Das berichten mehrere Quellen, die Firmen selbst schweigen.

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ILLUSTRATION - Android-Robot-Figuren stehen sich gegenüber, aufgenommen am 22.05.2011 in Berlin.
Android Roboter Logo MännchenBild: picture-alliance/Themendienste

Ein Gericht in San Francisco hatte die Chefs von Apple und Samsung zu den Gesprächen gedrängt, um weitere teure Gerichtsverfahren im andauernden Patentstreit zwischen den Firmen zu vermeiden.

Die "Korea Times" berichtet nun, die Gespräche hätten "keine Einigung" gebracht. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine nicht namentlich genannte Quelle, gilt aber als sehr gut informiert in Sachen Samsung. Apple wie Samsung hatten auf Anfragen von DW keinen Kommentar abgegeben.

Aus am Mittwoch veröffentlichten Gerichtspapieren geht nur hervor, dass sich die beiden Manager, jeweils in Begleitung ihrer Anwälte, am Montag und Dienstag (21. und 22.05.2012) in San Francisco getroffen haben.

"Die Einträge für den zweiten Tag der Gespräche sagen nichts über eine Fortführung" der Gespräche, schreibt Florian Müller auf seinem Patentblog "fosspatents.com". Es sei daher naheliegend, dass es in nächster Zeit keine weiteren Schlichtungsgespräche geben werde.

16 Stunden Gespräche

Müller beobachtet die Patentstreitigkeiten der Branche seit Anfang 2010 und berichtet darüber auf seinem Blog. Er berät auch Investoren und IT-Unternehmen wie Microsoft und Oracle, hat nach eigenen Angaben aber weder zu Apple noch zu Samsung geschäftliche Beziehungen.

Apple-Chef Tim Cook stellt das neue iPad vor (Foto: dapd)
Apple-Chef Tim Cook stellt das neue iPad vorBild: dapd

Aus den Gerichtsunterlagen geht zumindest hervor, dass sich Tim Cook und Choi Gee-Sung für die Gespräche viel Zeit genommen haben: neun Stunden am Montag, sieben am Dienstag.

Tim Cook ist der Chef von Apple, dem dank iPhone und iPad wertvollsten Unternehmen der Welt. Choi Gee-Sung leitet den koreanischen Konzern Samsung Electronics, der inzwischen mehr Handys verkauft als jedes andere Unternehmen, und, noch wichtiger, auch mehr Smartphones als Apple.

Mehr als 50 Verfahren

Seit Jahren bekriegen sich die beiden Firmen auch vor Gericht. Apple wirft Samsung vor, seine Produkte schamlos zu kopieren und dabei Patente zu verletzen, Samsung antwortet mit Gegenklagen. Inzwischen sind es mehr als 50 Klagen in zehn Ländern, so Florian Müller gegenüber DW: "Manche dieser Klagen sind noch weiter aufgesplittet worden in mehrere Verfahren, so dass die Gesamtzahl schon näher an 100 als an 50 liegen könnte."

Choi Gee-sung, Chef con Samsung Electronics (Foto: ddp images/AP Photo/Lee Jin-man).
Choi Gee-sung, Chef von Samsung ElectronicsBild: DW

Müller hatte schon vor Beginn der Schlichtungsgespräche nicht an deren Erfolg geglaubt: "Letztlich haben beide Parteien nur zugesagt, um in den Augen der Richterin nicht unkooperativ und unkonstruktiv zu erscheinen. Das ist keine gute Voraussetzung, um sich auch inhaltlich zu einigen."

Anfang 2007 brachte Apple das erste iPhone auf den Markt, ein Gerät, das die Mobilfunkwelt grundlegend veränderte. 2010 folgte der Tabletcomputer iPad. Der Erfolg beider Geräte war überwältigend. Apple verkaufte bisher rund 220 Millionen iPhones und knapp 70 Millionen iPads. Mit einem Börsenwert von mehr als 500 Milliarden Dollar ist Apple das wertvollste Unternehmen der Welt.

iOS gegen Android

Internetfähige Handy und auch Tabletcomputer gab es schon vorher. Apples Leistung besteht vor allem darin, diese Geräte mit seinem Betriebssystem iOS einfach bedienbar gemacht zu haben und somit tauglich für den Massenmarkt.

Tablet-Computer von Apple und Samsung (Foto: dpa)
Apple und Samsung streiten sich um Tablets und SmartphonesBild: picture-alliance/dpa

Zwei Jahre nach dem ersten iPhone brachte der Internetkonzern Google dann Android heraus – ein Betriebssystem, das sich in der Benutzerführung sehr an Apples iOS anlehnt. Android läuft auf den Handys verschiedener Hersteller und wurde innerhalb kurzer Zeit erfolgreich. Nach Berechnungen des US-Marktforschungsunternehmens Gartner hatte Android im ersten Quartal dieses Jahres einen weltweiten Marktanteil von 56 Prozent, gegenüber 23 Prozent für Apple.

Thermonuklearer Krieg

Der verstorbene frühere Apple-Chef Steve Jobs hasste Android. Für ihn war es die dreiste Kopie einer Apple-Erfindung. "Ich werde Android zerstören, weil es ein gestohlenes Produkt ist", soll Jobs laut seines Biographen Walter Isaacson gesagt haben. "Ich bin bereit, deshalb einen thermonuklearen Krieg zu starten".

Ein Screenshot der Apple-Homepage zeigt das Portraet des Apple-Gruenders Steve Jobs (1955-2011) Foto: Apple/dapd
Steve Jobs wollte Android zerstörenBild: dapd

Tim Cook, der nach Steve Jobs Tod die Führung bei Apple übernahm, gibt sich weniger kriegerisch. Er habe Prozesse schon immer gehasst, so Cook im April. "Wir wollen, dass die anderen selber ihre Sachen erfinden. Wenn wir eine Vereinbarung erzielen könnten, bei der wir sicher wären, dass es so ist, wäre mir eine Einigung viel lieber als ein Kampf. Es ist aber wichtig, dass Apple nicht zum Entwickler für die ganze Welt wird."

Analyst Florian Müller sieht in den Äußerungen des neuen Apple-Chefs keine grundsätzliche Änderung der Firmenpolitik. "Hätte Tim Cook gesagt: 'Wir sind damit einverstanden, dass unsere Erfindungen von anderen imitiert werden, wir möchten lediglich bezahlt werden' – dann wären wir jetzt an einem Punkt, an dem sich die beiden Firmenchefs und ihre Anwälte lediglich über Geld zu unterhalten hätten. Aber genau das hat Tim Cook nicht gesagt."

Umweg über Samsung

Wenn Apple allerdings Googles Android als den eigentlichen Gegner sieht, warum zieht die Firma dann gegen Samsung, HTC und all die anderen Smartphone-Hersteller vor Gericht, nicht aber gegen Google selbst? Florian Müller glaubt, das Vorgehen habe taktische Vorteile, weil man gegen Gerätehersteller eher Verkaufsverbote erwirken und auf Schadenersatz klagen könne.

Google steht hinter Android (Foto: AP)
Google: Die Macht hinter AndroidBild: dapd

Das zeige auch ein derzeit in den USA laufendes Gerichtsverfahren zwischen dem Softwarehersteller Oracle und Google, bei dem sich Google darauf berufe, selbst keine Geräte herzustellen. "Dieses Argument ist im Grunde eine Einladung an alle Rechteinhaber, sich an den Gerätehersteller und nicht an Google selbst schadlos zu halten." Das könne sich jedoch bald ändern, denn nach der Übernahme von Motorola ist Google nun selbst Gerätehersteller, sagt Müller, der auch Oracle berät.

Samsung überholt Apple

Nach den gescheiterten Schlichtungsgesprächen in San Francisco wird es dort im Juli zum Prozess kommen, berichtet die "Korea Times". Auch bei den zahlreichen anderen juristischen Schlachten ist vorerst kein Ende abzusehen. Gerade für Apple steht viel auf dem Spiel. Im ersten Quartal des Jahres hat Samsung Apple bei den Smartphones überholt: Samsung verkaufte 38 Millionen Android-Handys, Apple 35 Millionen iPhones, berichtet Gartner.

Samsung Electronics Hauptsitz in Seoul Korea (Foto: AP)
Hauptsitz von Samsung Electronics in SeoulBild: AP

Die Marktforscher stellen in ihrem Bericht auch fest, dass sich Smartphones zunehmend zu Standardprodukten entwickeln. "Nur in der Oberklasse können besondere Merkmale bei Hardware, Programmen und Diensten dazu beitragen, dass die Produkte unterscheidbar bleiben", heißt es in der Analyse.

Es ist diese Unterscheidbarkeit, die Apple vor Gericht verteidigen will. Meist geht es in den Prozessen um Details, eine Design-Ähnlichkeit hier, ein Steuerungselement in einem Programm dort. In der Summe jedoch, das ist zumindest die Hoffnung von Apple, würden Android-Smartphones und Tablets am Ende anders aussehen, sich anders anfühlen und anders funktionieren als Produkte von Apple.

Existentielle Bedrohung

Für Apple sei dies ein lebenswichtiger Kampf, sagt Florian Müller, denn in der schnelllebigen IT-Welt spielen Netzwerkeffekte eine große Rolle. "Netzwerkeffekt heißt vereinfacht: Weil eine Plattform populär ist, wird sie umso populärer im weiteren Verlauf", so Müller. "Deshalb ist Apple durch Android existentiell bedroht – so unwahrscheinlich das klingen mag, wenn man sich die gegenwärtigen Zahlen ansieht."

Apple-Zentrale in Cupertino, Kalifornien
Apple-Zentrale in Cupertino, KalifornienBild: picture alliance / ZUMA Press

Apple machte im letzten Quartal rund zwölf Milliarden US-Dollar Gewinn und sitzt derzeit auf einem Geldberg von 110 Milliarden Dollar. Doch wie schnell sich das Blatt in der IT-Branche wenden kann, weiß der Konzern aus eigener Erfahrung. 1983 brachte Apple den ersten Personal Computer mit Maus und grafischer Benutzeroberfläche auf den Markt. Mitte der 90er Jahre stand Apple dann kurz vor der Pleite, während Microsoft mit seinem Windows-System Erfolge feierte.

Autor: Andreas Becker
Redaktion: Henrik Böhme