1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Keine Entspannung zwischen Athen und Berlin

Panagotis Kouparanis18. Juni 2012

Die deutsche Regierung hat mit Erleichterung auf das Wahlergebnis reagiert. Zugleich aber besteht sie auf der Einhaltung der Kreditvereinbarungen. Athen aber will die Kreditbedingungen nachverhandeln.

https://p.dw.com/p/15HAH
Zwei Ein-Euro-Münzen vor dem Bundestag in Berlin (Foto: Foto: Tim Brakemeier dpa/lbn)
Berlin will die Einhaltung der VereinbarungenBild: picture alliance/dpa

Nach dem Wahlerfolg der Konservativen in Griechenland rief Angela Merkel deren Chef Antonis Samaras an, um ihm zu gratulieren. Bei dieser Gelegenheit, so hieß aus dem Kanzleramt, habe die Bundeskanzlerin die Erwartung geäußert, dass Griechenland seine europäischen Verpflichtungen einhalten werde. Echte Glückwünsche hören sich anders an. Und es sollten wohl auch keine sein. Für Berlin war der Sieg von Antonis Samaras kein Grund zur Freude - eher das kleinere Übel.

Gegen Tsipras aber nicht für Samaras

Zwar hat Angela Merkel schon mehrmals ihr Credo wiederholt, dass Europapolitik Innenpolitik sei. Aber es war wohl das erste Mal, dass so massiv versucht wurde, auf eine Wahlentscheidung in einem EU-Mitgliedsland Einfluss zu nehmen. "Schicksalswahl für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone", ja selbst "Schicksalsstunde für den Euro" - mit diesen Charakterisierungen wollten Politiker der Regierungskoalition in Berlin den Griechen im Vorfeld der Wahlen verdeutlichen, worum es ging. Ihre Botschaft war unmissverständlich: Ein Sieg des Linksbündnisses Syriza würde Griechenland aus der Euro-Zone führen. Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen verschob die Bundeskanzlerin am Wahltag ihren Abflug zum G20-Gipfel in Mexiko bis nach Mitternacht.

Antonis Samaras (Foto: REUTERS/John Kolesidis)
Antonis Samaras hat in Berlin keinen guten RufBild: Reuters

Und der Druck aus dem Ausland blieb nicht ohne Wirkung: Die konservative Nea Dimokratia erreichte mit knapp 30 Prozent fast drei Prozent mehr Stimmen als Syriza und wird wohl in der Lage sein, mit den Stimmen der sozialistischen PASOK eine Regierung zu bilden.

Warnungen aus Deutschland

In einer ersten Erklärung auf Griechisch und Englisch sagte Antonis Samaras, dass das Land seine Verpflichtungen erfüllen und dass es "kein Abenteurertum mehr" geben werde. Genau damit wird aber Samaras in Berlin in Verbindung gebracht. Unvergessen ist Samaras Verweigerungshaltung gegenüber den Reform- und Sparmaßnahmen, die mit den Kreditpaketen verbunden sind. Merkel habe ihn "angefleht", heißt es in Hintergrundgesprächen, mit der damaligen PASOK-Regierung den Verträgen zuzustimmen. Vergebens. Erst als Griechenland regelrecht vor dem Abgrund stand und Samaras befürchten musste, dass ihm das angelastet wird, knickte er ein. Angetrieben von seinem Ehrgeiz, Ministerpräsident zu werden, drängte er dann auf ein schnelles Ende der Übergangsregierung von Lukas Papademos, die bei den EU-Partnern großes Ansehen genoss.

Ein Ministerpräsident Samaras muss einen schwierigen Spagat zwischen griechischen und europäischen Erwartungen meistern. Im Wahlkampf hat er den griechischen Wählern versprochen, er könne ihre Interessen in Brüssel besser vertreten, er sprach von einer Neuverhandlung der Kreditbedingungen. Ob ein Regierungschef Samaras dieses Versprechen in die Tat umsetzen wird, und vor allem, was er genau mit Neuverhandlungen meint, wird man noch sehen. Jedenfalls hat er in der griechischen Bevölkerung die Hoffnung auf geringere Lasten, mehr Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen geweckt.

Genau hier ist die Achillesverse einer Samaras-Regierung. Sie hat zwar auf Grund des griechischen Wahlrechts eine parlamentarische Mehrheit, wird aber wohl kaum die Mehrheit der Gesellschaft hinter sich haben. Es ist zu erwarten, dass Syriza nun versuchen wird, den weit verbreiteten Unmut über die Sparbeschlüsse zu mobilisieren. Wenn Samaras dagegen halten will, dann muss er bei den Kreditgebern Zugeständnisse erreichen. Die Art und Weise allerdings, wie er in der Vergangenheit Eigeninteressen verfolgt hat, wird in Berlin mit Sorge betrachtet. Die Tatsache, dass man bei Samaras früher wenig erreichte, kommentierte ein einflussreiches deutsches Regierungsmitglied mit dem Bauernspruch: "Das ist gerade, wie wenn man einem Ochsen ins Horn zwickt."

Flage EU und Griechenlands (Foto: AP Photo/Petros Giannakouris)
Griechenland ist Musterbeispiel für EuropaBild: AP

Berlin pocht auf Einhaltung des Sparkurses

Künftig soll es aber anders werden. Schon vor der Griechenland-Wahl hatte die Bundeskanzlerin geäußert, für sie sei die Frage, ob Griechenland die Vereinbarungen einhalte, auch eine Frage, was in Europa überhaupt noch eingehalten werde. Mit anderen Worten: Griechenland ist zu einem Musterbeispiel geworden, bei dem man nach rein prinzipiellen Erwägungen handelt. Wenn es also mit Athen zu Neuverhandlungen kommen sollte, dann, so die deutsche Befürchtung, würde man sie auch Portugal und Irland nicht verweigern können.

Gleichzeitig würde, wenn Griechenland die Vereinbarungen nicht einhält, in der deutschen Bevölkerung die Akzeptanz für milliardenschwere Hilfspakete an notleidende Eurostaaten gegen Null sinken. Dadurch würden die Regierungsparteien innenpolitisch massiv unter Druck geraten. Und deshalb will die Bundesregierung keinen Neuverhandlungen der Kreditbedingungen mit Athen zustimmen. Erst wenn Athen das akzeptiert, heißt es in Berlin, dann sei man bereit, über einzelne Aspekte der Sparauflagen zu Sparauflagen sprechen, zum Beispiel über eine Verlängerung des Umsetzungszeitraums.