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Gasstreit dauert an

5. Januar 2009

Die Europäische Union will sich nach anfänglichem Zögern an der Lösung des russisch-ukrainischen Gasstreits beteiligen, aber nicht als offizieller Vermittler auftreten.

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Ventil an einer russischen Transitpipeline (Quelle:ap)
Russische Transitpipeline in der Nähe von KiewBild: AP

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft kündigte an, noch an diesem Montag (05.01.2009) werde eine Delegation entsandt, um Kiew und Moskau bei der Vereinbarung eines neuen Liefervertrages zu unterstützen. Auch Deutschland schaltet sich in die Bemühungen ein. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin hieß es, auf Bitten der russischen Seite könnte es am Dienstag ein Gespräch mit dem Vizechef des russischen Gas-Monopolisten, Alexander Medwedew, geben.

Die Bundesregierung appellierte erneut an Russland und die Ukraine, den Streit beizulegen. Dies müsse in Gesprächen der beiden beteiligten Unternehmen geschehen, Gazprom und der ukrainischen Naftogaz. Die Kontrahenten sind allerdings weiter auf Konfrontationskurs. Die russische Seite fordert die Bezahlung bereits gelieferten Erdgases. Für 2009 soll zudem der bislang relativ niedrige Gaspreis für die Ukraine auf Marktniveau angehoben werden. Die Ukraine ist aber maximal bereit, 210 US-Dollar je 1.000 Kubikmeter zu zahlen. Russland verlangt deutlich mehr. In der Diskussion sind Preise von 250 bis zu 410 US-Dollar für 1.000 Kubikmeter.

Gaslieferungen für Europa sicher?

Gazpromchef Miller stellt sich der Presse (Quelle: ap)
Gazpromchef Alexei Miller auf dem Weg zu einer Pressekonferenz zum Streit mit der UkraineBild: AP

Durch die Transitpipelines in der Ukraine fließen 80 Prozent des für Westeuropa bestimmten Erdgases aus russischer Förderung. Russland wirft Kiew vor, seit Gazprom am Neujahrstag die Gaslieferungen für die Ukraine gestoppt hat, die Transitleitungen anzuzapfen, um den eigenen Gasbedarf zu decken.

Einen Druckabfall hatten am Wochenende mehrere osteuropäische EU-Staaten gemeldet. In Deutschland sind weiterhin keine Folgen des Gasstreits zu spüren. "Wir bekommen zu 100 Prozent die Lieferungen, die wir auch bestellt haben", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin. Die großen deutschen Gasimporteure Eon Ruhrgas und Wingas bestätigten dies. Eon Ruhrgas bezieht 26 Prozent seines Erdgases aus Russland, Wingas 60 Prozent. (Wingas ist ein Joint-Venture der BASF-Tochter Winterhall und des Gazprom-Konzerns). Deutschland bezieht insgesamt etwa 37 Prozent seines Erdgases aus Russland.

Gegenseitige Beschuldigungen

Ventil an einer Gas-Pipeline nahe Budapest (Quelle: ap)
Kontrolle des Gasdrucks an einer Pipeline in der Nähe von BudapestBild: AP

Die EU zeigt sich weiterhin optimistisch. EU-Energiekommissar Andris Piebalgs erklärte in Brüssel, weder die europäischen Verbraucher noch die Industrie müssten für die nächsten Wochen Versorgungsschwierigkeiten fürchten. Die Vorratslager in der EU seien nach Schätzungen zu 70 bis 90 Prozent gefüllt, sagte sein Sprecher. Dadurch könnten eventuelle Lieferengpässe ausgeglichen werden. Die aus Ungarn, Rumänien, Polen, Tschechien, der Slowakei und Kroatien gemeldeten Unregelmäßigkeiten beim Gasdruck in den Pipelines bedeuteten keine wesentliche Unterbrechung. Gazprom kündigte zudem an, zum Ausgleich vermehrt Gas über andere Routen nach Westen zu leiten.

Gazprom verschärfte am Montag seine Diebstahls-Vorwürfe gegen Naftogaz. Das Nachbarland habe allein am Sonntag rund 50 Millionen Kubikmeter Erdgas aus Leitungen und Speichern "gestohlen", sagte Unternehmens-Vizechef Alexander Medwedew. Bisher hatte Gazprom dem Nachbarland vorgeworfen, täglich zwischen 25 und 35 Millionen Kubikmeter russisches Gas zu entwenden. Naftogaz beschuldigte Gazprom im Gegenzug, Gas in Moldawien abzuzapfen, das für EU-Staaten bestimmt sei.

Medwedew klagte, sein Unternehmen habe im Gasstreit keinen Ansprechpartner aus der Ukraine, und das seit fünf Tagen. Naftogaz hatte am Sonntag erklärt, es gebe tägliche telefonische Gespräche. Direkte Verhandlungen in Moskau seien angesichts der konfrontativen Haltung von Gazprom nicht sinnvoll. (qu)