1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kenia Den Haag

21. September 2011

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen nach den umstrittenen Wahlen in Kenia 2007 starben über 1300 Menschen. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag muss nun entscheiden, ob er ein Verfahren eröffnet.

https://p.dw.com/p/12c2D
Straßenschlachten in Kenia nach den Wahlen 2007 (Foto: ap)
Gewalt nach den Wahlen 2007 - werden die Drahtzieher zur Verantwortung gezogen?Bild: AP

Kenia – Jahreswechsel 2007/2008: Nach den Präsidentschaftswahlen Ende Dezember beanspruchen sowohl Präsident Mwai Kibaki als auch der damalige Oppositionsführer Raila Odinga den Wahlsieg für sich. Zwischen den Anhängern beider Parteien eskaliert die Gewalt. Gut 30 Tage dauern die Unruhen an. Die Folge: Mehr als 1300 Menschen sterben, 3500 werden verletzt, Hunderttausende verlassen wegen der Gewalt ihre Heimatorte.

Nicht zur Verantwortung gezogen

Hochrangige kenianische Politiker sollen die Unruhen damals angezettelt haben. Sie gehörten einerseits der "Party of National Unity" von Präsident Kibaki und andererseits der damaligen Oppositionspartei "Orange Democratic Movement" an. Bis jetzt ist aber keiner der mutmaßlichen Drahtzieher der Gewalt in Kenia zur Verantwortung gezogen worden. Das brachte den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Louis Moreno-Ocampo, auf den Plan: Mitte Dezember 2010 veröffentlichte er die Namen von sechs Politikern, denen er Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft. Alle sechs seien für Mord, Vergewaltigung und Vertreibungen von Zivilisten verantwortlich.

Die "Ocampo 6"

Kenias stellvertretender Premierminister Uhuru Kenyatta in Den Haag (Foto: ap)
Uhuru Kenyatta: Kenias Vize-Premierminister regierte unbehelligt weiterBild: AP

Bereits Anfang September 2011 fanden die Anhörungen von drei der in Kenia seither als "Ocampo 6" bekannten Politiker statt: darunter der frühere kenianische Bildungsminister William Ruto, der ehemalige Industrieminister Henry Kongsey und der Radiomoderator Joshua Arap. Die anderen drei werden seit dem 21. September in Den Haag angehört. Dabei handelt es sich um den Vize-Premierminister Uhuru Kenyatta, um den Chef der Staatsverwaltung und engen Vertrauten von Präsident Kibaki, Francis Muthaura, sowie um den früheren Polizeichef, Mohammed Hussein Ali. Bei den Anhörungen wollen die Ankläger zeigen, dass sie genügend Beweise für einen Prozess gegen die Verdächtigen haben. Danach entscheiden die Richter, ob sie das Verfahren eröffnen werden.

Unbehelligt weiter Politik machen?

Der ehemalige kenianische Bildungsminister William Ruto (Foto: ap)
Bereits angehört worden: Der ehemalige Bildungsminister William RutoBild: AP

Die kenianische Öffentlichkeit verfolgt die Fälle mit großem Interesse. "Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes sehen wir, dass Menschen für Gewalttaten zur Rechenschaft gezogen werden, und zwar so, dass die Rechte aller Beteiligten akzeptiert werden", sagt Atsango Chesoni von der kenianischen Kommission für Menschenrechte, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in der Hauptstadt Nairobi. Bevor der Internationale Strafgerichtshof sich einschaltete, machten vor allem die beiden Hauptverdächtigen William Ruto und Uhuru Kenyatta weiter Politik als wäre nichts geschehen. Sie vertreten die beiden wichtigsten Volksgruppen Kenias. Vor kurzem bildeten sie ein politisches Bündnis und kündigten an, für die Präsidentschaftswahlen 2012 kandidieren zu wollen.

Möglicherweise können sie damit unbehelligt weitermachen. Denn ob es tatsächlich zu einem Prozess in Den Haag kommen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Wenn die Anhörungen abgeschlossen sind, haben die Richter drei Optionen. Die Anklage könnte für alle sechs Verdächtigen bestätigt werden. Oder sie könnte für alle Beteiligten fallen gelassen werden. Die dritte Möglichkeit: Die Anklage könnte für einige der Verdächtigen bestätigt und für andere abgelehnt werden. 60 Tage haben die Richter in Den Haag Zeit, um darüber zu befinden. Spätestens dann könnte ein Strafverfahren eingeleitet werden. Und dann könnte es für die "Ocampo 6" - zumindest für einige von ihnen - erst richtig ernst werden.

Autorin: Ruth Aine Tindyebwa
Redaktion: Katrin Ogunsade