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Kenias neuer Wasserreichtum

Julian Claudi15. November 2013

In Kenia herrscht Wasserknappheit - bis jetzt. Ein riesiger unterirdischer Wasserfund hat große Hoffnungen geweckt, dass sich das ändert. Den neuen Wasserreichtum nachhaltig zu nutzen, ist jedoch eine Herausforderung.

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An exploration of groundwater resources has identified reserves of water in Turkana County in drought-stricken northern Kenya.
Bild: UNESCO/Nairobi Office

Die Bilder lösten eine wahre Euphorie aus: Aus dem Rohr eines Bohrgeräts sprudelt literweise glasklares Wasser auf den graubraunen Staub der Turkana-Wüste im Norden Kenias, einer der trockensten Regionen der Erde. Es waren die ersten Tropfen aus einem riesigen unterirdischen Sees. Die Entdeckung des Reservoirs ist das Ergebnis einer systematischen Suche mit Satelliten- und Radartechnik; angestoßen von der UNESCO gemeinsam mit Regierungen von Kenia, Äthiopien und Somalia zur Bekämpfung der chronischen Dürre am Horn von Afrika.

Wasser ist eine extrem knappe Ressource in Kenia, wo mehr als ein Drittel der Bevölkerung nach Angaben der UNESCO keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat. 250 Milliarden Kubikmeter dieses kostbaren Guts soll das Reservoir ersten Schätzungen zufolge enthalten. Das weckt große Erwartungen. Eine "Tür zu einer wohlhabenden Zukunft für die Menschen von Turkana und die gesamte Nation" öffne der Wasserfund, jubelte etwa die zuständige kenianische Umweltministerin Judi Wakhungu.

Wasser sprudelt aus einem Rohn auf den Wüstenboden. Photo: UNESCO
Die Bevölkerung in der Turkana-Region hat schon viele Entwicklungsprojekte scheitern gesehenBild: UNESCO/Nairobi Office

Abschreckende Beispiele

Das Wasser könne die Entwicklung Kenias, und speziell der armen Turkana-Region vorantreiben, glauben auch Experten - wenn der neue Reichtum nachhaltig genutzt und gerecht verteilt werde. Shiney Varghese, Analystin vom US-Institut für Agrikultur und Handelspolitik, spricht von einem "Glücksfall der modernen Technologie", der den Fund möglich machte. Jetzt sei es wichtig "moderne wissenschaftliche Erkenntnisse mit möglichen externen Investitionen, traditionellem Wissen, Nachhaltigkeit und der Zustimmung der Gemeinden" zu vereinen.

"Wenn es der lokalen Gemeinschaft zugute kommt, könnte es eine gute Idee sein, Anteile des Wassers nachhaltig dem Boden zu entnehmen", glaubt auch Henk Hobbelink, Leiter von Grain, einer Organisation, die sich weltweit für die Rechte von Kleinbauern einsetzt. Erfahrungen aus anderen Staaten machen Hobbelink allerdings skeptisch. Er verweist auf das Beispiel Saudi-Arabiens, wo in den 1980er Jahren entdeckte unterirdische Wasserreserven zur Bewässerung von Weizenfeldern zu schnell abgeschöpft wurden. Nach etwa zwei Jahrzehnten sei ein Großteil des Wassers aufgebraucht gewesen, ohne dass sich der unterirdische See von selbst hätte erneuern können. "Diese Situation sollte unter allen Umständen vermieden werden, da es eine enorme Umweltzerstörung und Ausbeutung von Rohstoffen bedeutet."

Die Bevölkerung mit einbeziehen

Für eine nachhaltige Entwicklung sei es vor allem wichtig, die Bauern und die Gemeinden vor Ort mit deren Erfahrung einzubeziehen, rät Hobbelink. Die schafften es "seit Jahrhunderten, in einer wassserknappen Region zu überleben", und könnten die neuen Ressourcen am besten verteilen. In Kenia gibt es bereits eine Reihe von Water Users Associations, lokale Vereinigungen, die die Verbraucher bei Entscheidungen über die Wasserverteilung vertreten. Solche oder ähnliche Plattformen sollten in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden, sagt Janek Hermann-Friede, Projekt-Koordinator bei Water Integrity Network, einer Organisation, die Korruption im Wassersektor bekämpft. Wichtig sei auch, dass die Medien die Entwicklungen mitverfolgten und die Öffentlichkeit informierten.

Entwicklungsstrategen, die das Turkana-Volk in der gleichnamigen Wüstenregion von ihren Ideen überzeugen wollten, müssten sich allerdings anstrengen, sagt Francisco Marí. Diese Menschen hätten schon viele Entwicklungsprojekte scheitern gesehen, berichtet der Referent für Agrarhandel und Fischerei bei Brot für die Welt. "Norwegen, Deutschland, beinahe jeder war schon dort. Fast alles ist gescheitert, egal ob Fischerei, Agrikultur oder anderes." Nach diesen Erfahrungen sei die Bevölkerung dort nicht sonderlich offen für neue Projekte.

Bohrgerät. Photo: UNESCO
Die Suche nach dem unterirdischen Wasser wurde im Auftrag der UNESCO und der Regierungen Kenias, Somalias und Äthiopiens durchgeführtBild: UNESCO/Nairobi Office

Wohin die kenianische Regierung in Bezug auf die Nutzung des Wassers steuert, scheint derzeit noch weitgehend offen. Umweltministerin Judi Wakhungu kündigte an, dass die kenianische Regierung das Wasser als eine "Mehrzweckressource" betrachte. Die Verwendung als Trinkwasser sei ebenso vorgesehen wie möglicherweise für Bewässerung und für die industrielle Entwicklung. Den Wasserfund nachhaltig zu nutzen, bleibt eine große Herausforderung für Kenia.