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Kiel klärt die Fronten

16. Juli 2009

Das Ende der Großen Koalition in Kiel liefert Stoff für den Bundestagswahlkampf: Denn auch in Berlin sind die Fronten zwischen CDU und SPD jetzt endgültig geklärt, meint Peter Stützle in seinem Kommentar.

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Bild: DW

Der Krach in Kiel klärt die Fronten. Auch in Berlin. Nicht, dass jetzt die Große Koalition im Bundestag ebenfalls vor dem Scheitern stünde. Das menschliche Klima zwischen den Partnern ist in Berlin, zunehmenden Sticheleien zum Trotz, ist immer noch deutlich besser als in Kiel. Vor allem aber sind sich alle ihrer Verantwortung bewusst, in diesem Krisenzeiten die Regierung arbeitsfähig zu halten. Das werden sie auch noch die zehn Wochen bis zur Wahl durchhalten. Aber von Kiel geht das Signal nach ganz Deutschland: CDU und SPD sind an sich eher Gegner als Partner.

Diese Klarstellung kann nun beiden großen Parteien, den Sozialdemokraten und den Christdemokraten, helfen, ihre Anhänger für die Bundestagswahl zu mobilisieren, Anhänger, die sich sonst aus Frust über die Große Koalition vielleicht einer der kleineren Parteien zugewandt hätten oder zuhause geblieben wären. Zwar war diese bundespolitische Überlegung nicht der ausschlaggebende Grund für den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, gerade jetzt die Koalition mit den Sozialdemokraten platzen zu lassen. Ihm lag sicher die Erwartung näher, bei vorgezogenen Landtagswahlen im Sog der Bundestagswahl besser abzuschneiden als am regulären Wahltag nächsten Mai. Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel aber wird über den Schachzug ihres Kollegen auf Landesebene kaum traurig sein.

"Ein bundespolitisches Fanal"

Obwohl das Scheitern der Großen Koalition in Kiel also auf Bundesebene den beiden großen Parteien zupass zu kommen scheint, kam von den Kleineren spontaner Applaus. Von einem "überfälligen Schritt" sprachen die beiden Bundesvorsitzenden der Grünen, Claudia Roth und Cem Özdemir, und FDP-Chef Guido Westerwelle von einem "bundespolitischen Fanal", dass Schwarz-Rot nicht zusammenpasst. Beide Parteien wollen an der nächsten Bundesregierung beteiligt werden, und da ist alles recht, was eine Fortsetzung der Großen Koalition über diesen Herbst hinaus erschwert.

Darüber hinaus sehen Liberale und Grüne die Chance, an der nächsten Landesregierung in Kiel beteiligt zu werden. Auch das würde ihren bundespolitischen Einfluss stärken. Viele wichtige Entscheidungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, und durch ihre Beteiligung an zahlreichen Landesregierungen sind FDP und Grüne schon jetzt kurz vor dem Punkt, dass gegen sie im Bundesrat nichts mehr geht.

Die SPD kann in Kiel nichts gewinnen

Geht man vom Ergebnis der Europawahl vom Juni aus, könnte die CDU in Schleswig-Holstein sowohl mit den Liberalen als auch mit den Grünen eine klare Mehrheit erringen. Für die Sozialdemokraten dagegen wäre kein Blumentopf zu gewinnen. Kein Wunder daher, dass sich die Kieler SPD gegen eine vorzeitige Auflösung des Landtages sperrt. Kein Wunder aber auch, dass sich SPD-Bundespolitiker mit Stellungnahmen auffällig zurückhalten. Zwar könnten auch sie von dem eingangs beschriebenen Mobilisierungseffekt profitieren, andererseits können sie nicht wollen, dass sie in einem weiteren Bundesland in die Opposition kommen. Für die Sozialdemokraten will es einfach nicht so richtig laufen. Und die Bundestagswahl rückt immer näher.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Manfred Götzke