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Kiews Machtbereich bröckelt

30. April 2014

Die prorussischen Separatisten weiten ihren Machtbereich in der Ostukraine aus. In zwei Städten besetzten sie Verwaltungsgebäude. Der Nervenkrieg um die festgehaltenen Militärbeobachter dauert an.

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Prorussische Aktivisten posieren in einem besetzten Gebäude der Regionalverwaltung in Donezk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Gut zwei Monate nach der Machtübernahme hat die prowestliche Regierung der Ukraine eingestanden, die Kontrolle über Teile des russisch geprägten Ostens verloren zu haben. Moskautreue Milizen brachten weitere Verwaltungsgebäude in ihre Hand. Die Regierung in Kiew plant für den 25. Mai, den Tag der Präsidentenwahl, auch ein landesweites Referendum über die territoriale Integrität des krisengeschüttelten Landes. In der Befragung solle es um die nationale Einheit und eine Föderalisierung gehen, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk in Kiew. Trotz der verschärften Lage gebe es noch Möglichkeiten einer gütlichen Einigung mit den prorussischen Separatisten. Dazu müssten diese allerdings ihre Waffen niederlegen.

Die prorussischen Separatisten dämpften derweil die Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Freilassung der festgehaltenen westlichen Militärbeobachter. Unter den seit Freitag in der Stadt Slowjansk festgehaltenen Geiseln sind auch vier Deutsche. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Berlin, Deutschland bemühe sich "auf allen diplomatischen Kanälen" um eine Lösung. Dazu gehörten auch Gespräche mit dem Kreml in Moskau.

"Wir gehorchen hier nicht Putin"

Der prorussische Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow verneinte in dem Geisel-Drama jegliche Einflussnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Wir hatten bisher noch keinen Kontakt zu Moskau und gehorchen hier auch nicht Putin, wir sind die Volksrepublik Donezk", zitierte die "Bild"-Zeitung den selbsternannten Bürgermeister der Stadt Slowjansk. Zum Schicksal der festgehaltenen Beobachter sagte er: "Wir sind in einem guten Dialog, aber ich denke nicht, dass es eine Freilassung schon heute (Mittwoch) oder morgen geben kann."

Zuvor hatte Ponomarjow noch den Eindruck erweckt, es könne zu einer schnellen Lösung "ohne einen Geiselaustausch" kommen. Mehrfach hatten die Separatisten betont, inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen zu wollen. Kreml-Chef Putin hatte am Dienstagabend in Weißrussland erklärt, er setze darauf, dass die Militärs die Region ungehindert verlassen könnten. Das Auswärtige Amt in Berlin sprach von schwierigen Verhandlungen zwischen der OSZE und den prorussischen Separatisten, die die Soldaten festhalten.

Europarat "zutiefst besorgt"

Das Ministerkomitee des Europarats hat sich "alarmiert und zutiefst besorgt" über die Lage der festgehaltenen OSZE-Militärbeobachter gezeigt. Die Vertreter der 47 Mitgliedsstaaten, darunter auch Russland und die Ukraine, forderten die "unverzügliche Freilassung" der Geiseln. Deren Festsetzung sei ein "klarer Verstoß" gegen die Wiener OSZE-Übereinkunft über vertrauens- und friedensbildende Maßnahmen aus dem Jahr 2011. Einem Sprecher zufolge wurde die Erklärung von den Botschaftern "einvernehmlich" veröffentlicht.

Die Führung in Kiew räumt unterdessen ein, die Kontrolle über Teile der krisengeschüttelten Ostukraine verloren zu haben. In den Gebieten Donezk und Luhansk seien einige Regionen in den Händen moskautreuer Aktivisten, sagte Interimspräsident Alexander Turtschinow in Kiew. Er warf den Sicherheitskräften Versagen vor. "Ordnungshüter, die die Ukraine verraten haben und mit den Terroristen zusammenarbeiten, werden zur Verantwortung gezogen", so Turtschinow.

Aktivisten weiter auf dem Vormarsch

Die prorussischen Aktivisten sind weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von den ukrainischen Sicherheitskräften hatten Separatisten am Dienstag auch die Gebietsverwaltung der östlichsten Großstadt Luhansk eingenommen. In Luhansk und Gorlowka besetzten prorussische Demonstranten am Mittwochmorgen weitere Verwaltungsgebäude.

Der Westen beschuldigt Russland, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarung, die unter Beteiligung Moskaus ausgehandelt worden war, zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten daraufhin am Montag eine Ausweitung der bislang verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland beschlossen.

jj/uh (dpa, AFP)