Kinderoper in Bayreuth
24. Juli 2009Oper für alle – das bedeutet für Festspielchefin Katharina Wagner auch: Oper für Kinder. Ihre Idee war es, den "Fliegenden Holländer" in einer kindgerechten Fassung aufzuführen. Ihre Wahl fiel auf die junge Berliner Bühnenbildnerin Merle Vierck, die gerade ihr Diplom mit Auszeichnung bestanden hat. Das Ergebnis ist verblüffend.
Der Kapitän ohne Schiff
Die Bühnenbildnerin hat für den Steuermann, den "Fliegenden Holländer", kein Schiff auf der Bühne nachgebaut. Merle Vierck betont, dass sie einen möglichst offenen und spielfreudigen Raum entwerfen wollte, der auch noch den besonderen Charme einer Probebühne hat. "Es ist keine Guckkastenbühne", so die Bühnenbildnerin. Vielmehr sollen Details auf der Bühne den jungen Zuschauern zeigen, wo die Handlung spielt.
Warten auf den Sturm
Quer durch die Halle verlaufen Eisenbahnschienen, darauf steht eine Lore, wie sie in Bergwerken benutzt wird. Dahinter ragt ein gigantisches Doppelstockbett auf. Mit viel Plüsch und Kuscheltieren. Die Leiter zum oberen Bett misst gut vier Meter. Hier oben schläft Senta, etliche Meter unter ihr Erik. Für Regisseur Alvaro Schoeck steht während der Inszenierung die Figur der Senta im Vordergrund, weniger der Holländer. Die Kinder haben ihn auf die Idee gebracht. Im Dialog mit den kleinen Operngängern merkte er sehr schnell, dass die zentrale Identifikationsfigur Senta ist. "Die Geschichte, dass ihr Vater sie ohne ihr Wissen verkauft, dass ist für die Kinder wirklich eine sehr tiefe Angelegenheit", sagt Schoeck, "und da knüpft unser Konzept an."
Richtige Sänger
Um den Kindern einen authentischen Eindruck zu geben, was während der Festspiele auf der Hauptbühne läuft, singen in der Kinderoper Sänger aus den Erwachsenen-Produktionen.
Senta-Darstellerin Anna Gabler steht eigentlich als Ortlinde auf der Hauptbühne. Daland-Sänger Diogenes Randes verkörpert im Festspielbetrieb den Titurel aus Stefan Herheims Produktion Parsifal. Einzig der Sänger des Fliegenden Holländers, Dmitri Orlov, ist ein Neuling auf dem Grünen Hügel.
Aus drei mach eins
Erst nachdem im vergangenen September feststand, dass Katharina Wagner und ihre Schwester Eva Wagner-Pasquier die Leitung übernehmen würden, übertrugen sie ihrem Mitarbeiter Alexander Busche die Aufgabe, das Holländer-Libretto des Urgroßvaters für Kinder umzuschreiben und vor allem auf gut eine Stunde zu kürzen. Beim Fliegenden Holländer sei das im Vergleich zum Tannhäuser oder den Meistersingern weniger ein Problem, sagt Busche. Da sei man beim ersten Mal einfach den leichtesten Weg gegangen. Der originale Fliegende Holländer dauert knapp drei Stunden.
Eine Akustik wie im Haupthaus gibt die Probebühne natürlich nicht her, die Kammerphilharmonie Leipzig unter Leitung von Christoph Ulrich Meier kann den typischen Wagner-Klang nur imitieren.
Daneben wirkt Schauspieler Jupp Saile wie ein Märchenonkel. Als alter Steuermann erzählt er von seinen Erlebnissen mit dem Fliegenden Holländer. Ein märchenhafter Rahmen.
Autorin: Susanne Lettenbauer
Redaktion: Gudrun Stegen