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Kinoklassiker als Theaterstück

26. August 2011

Die württembergische Stadt hat nicht nur eines der größten deutschen Barockschlösser zu bieten, sondern auch ein interessantes Open-Air-Fest mit ungewöhnlichem Repertoire.

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Eingang zum Cluss-Garten Foto:/Theatersommer Ludwigsburg
Eingang zum Cluss-GartenBild: Ludwigsburger Theatersommer

Er liegt mitten im Zentrum Ludwigsburgs – und ist doch nicht ganz leicht zu finden: der Cluss-Garten, einst Innenstadtpark in privatem Familienbesitz und jetzt Mittelpunkt des Ludwigsburger Theatersommers. Hier befinden sich zwei Bühnen mit Zuschauerrängen, umgeben von zahllosen alten efeuumrankten Bäumen. Während die eine vormittags und nachmittags Kindern und Jugendlichen als Kulisse für spannende Stücke dient, erwacht die andere erst in den Abendstunden zum Leben – und verleiht den dargebotenen Werken einen ganz eigenen poetischen Reiz.

Himmlisches Vergnügen

Szene aus 'Der Himmel über Berlin' Foto:/Theatersommer Ludwigsburg
Damiel und MarionBild: Crassie

Poesie steht auch bei der neuesten Produktion des diesjährigen Ludwigsburger Theatersommers im Vordergrund – trotz der verlassenen und teilweise verbrannten Zirkusmanege und dem einsamen Wohnwagen. Diese bilden die Kulisse für die Bühnenfassung von Wim Wenders Filmklassiker "Der Himmel über Berlin", in dem der Engel Damiel sich in die junge Hochseilartistin Marion verliebt und ihr zu Liebe ein Mensch sein möchte. Wenn zu der zart berührenden Geschichte auf der Bühne der Himmel über Ludwigsburg dann auch noch so klar und blau ist, dazu noch die Abendsonne ihre letzten Strahlen durch die dunklen Bäume fallen lässt und ein paar Fledermäuse durch die Szenerie flattern, dann steht einem gelungenen Theaterabend eigentlich nichts mehr im Wege.

Zufällige Entdeckung

Spielort Cluss-Garten Foto: Theatersommer Ludwigsburg
Spielort Cluss-GartenBild: Ludwigsburger Theatersommer

Dann dürfte auch für Intendant Peter Kratz und Christiane Wolff die Welt in Ordnung sein. Seit gut 20 Jahren fungieren sie als künstlerische Leiter des Ludwigsburger Theatersommers. Damals entdeckten sie eher zufällig den verwunschenen Garten der Familie Cluss – und hatten damit den idealen Platz für ihre Idee eines Open-Air-Theaters gefunden. Während Christiane Wolff sich überwiegend um das Kinder- und Jugendprogramm beim Theatersommer kümmert, ist Peter Kratz in erster Linie für die Abendvorstellungen zuständig. Hier sieht man neben Theaterklassikern zunehmend auch Bearbeitungen von Filmen, etwa "Down by Law", "Purple Rose of Cairo" oder "Der Himmel über Berlin".

Vom Film zum Bühnenstück

Der Himmel über Berlin Trapez und Schaukeln (Ensemble)
Szene: Der Himmel über BerlinBild: Crassie

Dass Filmklassiker beim Ludwigsburger Theatersommer gespielt werden, hat durchaus seinen Grund, sagt Christiane Wolff: "Wir haben immer eine große Zuneigung zu großen Titeln gehabt, wo jeder sofort gesagt hat, das kenne ich, ich mag den Stoff und ich geh dahin." Allerdings ist nicht jede Adaption eines Films für die Bühne eine leichte Angelegenheit: "Also 'Purple Rose of Cairo' war sehr einfach, 'Himmel über Berlin' dagegen eher schwierig", meint Peter Kratz. "Das ist ja ein Film aus den 80ern und Wim Wenders, der Regisseur, hat gesagt, er habe den Film quasi von Tag zu Tag wie eine Improvisation entwickelt, und so ähnlich war das bei uns auch. Aber davor war es sehr schwer für uns, die Rechte zu bekommen, also man musste bei Herrn Handke anfragen, man musste bei Herrn Wenders anfragen, dann mussten wir eine eigene Bearbeitung einreichen. Als das alles genehmigt war, konnten wir endlich loslegen."

Idealismus und Sonnenschein

In der Regel sind sowohl die Tages- als auch die Abendvorstellungen ausverkauft. Allerdings müssen Peter Kratz und Christiane Wolff immer auch mit den Tücken des deutschen Sommers rechnen. Zwar macht ein Schauer dem Publikum kaum etwas aus; doch bei Regen fallen die Vorstellungen aus und die Besucher bekommen ihr Geld zurück. Entscheidend für den Erfolg des Ludwigsburger Theatersommers ist für Peter Kratz jedoch weniger das Wetter, sondern die künstlerische Arbeit: "Man braucht schon viel Idealismus, viel Glück, und die Produktionen müssen eigentlich sehr gut sein. Der Kunde entscheidet mit seinem Geldbeutel, ob die Sachen bezahlt werden oder nicht, und davon leben wir. Wir sind ein Theater, was im Vergleich zu anderen Theatern über 50 Prozent des Etats einspielt und da zählt die Qualität dessen, was wir hier machen."

Autor: Klaus Gehrke

Redaktion: Gudrun Stegen