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Kirche - Kinder - Krise

23. April 2002

Im Vatikan begann ein Krisengipfel über Fälle von Kindermissbrauch durch Priester in den USA. Doch sexueller Missbrauch durch Geistliche ist ein Problem, das auch in Deutschland nicht unbekannt ist.

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Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Deutschen BischofskonferenzBild: AP
Das Treffen im Vatikan soll der von Skandalen erschütterten katholischen Kirche in den USA neue Orientierung geben. Aber auch in Deutschland sorgten in den vergangenen Wochen mehrere Fälle für Schlagzeilen. Daher waren sexuelle Verfehlungen in der Kirche Mittelpunkt der Beratungen des Ständigen Rats der katholischen Deutschen Bischofskonferenz an diesem Montag in Würzburg.

Schwarze Schafe im Amt

Als wichtigstes Ergebnis verordneten sich die deutschen Bischöfe mehr Klarheit und Offenheit, wenn sexuelle bzw. kriminelle Verfehlungen von Geistlichen im Raum stehen. Nun soll, so Kardinal Lehmann, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, die Zeit des Versetzens, Vertuschens und Verschweigens endgültig vorbei sein. Denn mehrfach waren Bischöfe beschuldigt worden, sie hätten schwarze Schafe im Amt gelassen und somit Nachfolgetaten ermöglicht.

Zölibat und Missbrauch

Genaue Zahlen gibt es nicht. Aber unter Berufung auf Studien in den USA schätzen Experten, dass sich rund zwei Prozent der Priester und Ordensleute an Kindern vergreifen. Doch der Grund liege keinesfalls in der geforderten Ehelosigkeit katholischer Geistlicher, meint Lehmann: "Nach dem, was ich weiß, besteht kein exklusiver Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch. Das geschieht ja auch sonst in unserer Gesellschaft in allen Bereichen."

Katholischer Priester mit Weihrauch
Bild: Bilderbox

Außerdem gehen die Bischöfe nach eigener Darstellung nicht davon aus, dass in Deutschland die Fälle von Missbrauch zugenommen haben. Gleichwohl fordern sie in allen kirchlichen Berufen ein schärferes Bewusstsein und eine bessere Vorbeugung. Außerdem soll eine bereits bestehende Kommission das Problem nun genauer unter die Lupe nehmen, freilich ohne konkrete Vorgaben.

Kompliziertes Laisierungsverfahren

Nach Lehmanns Angaben planen die deutschen Bischöfe derzeit keine Regelungen auf Bundesebene. Es sei Sache der einzelnen Diözesen, Verdachtsfällen nachzugehen, sich um die Opfer zu kümmern und schuldig gewordene Priester dem Vatikan zu melden. Letztlich fällt dort die Entscheidung, wie mit einem Täter weiter verfahren wird. Als Höchststrafe nach dem Kirchenrecht droht dem betroffenen Priester die Entlassung aus dem Klerikerstand. Doch das Verfahren ist kompliziert und dauert in der Regel mehrere Jahre. Deshalb mehren sich die Stimmen - mitunter auch von Bischöfen - die schnellere Laisierungsprozesse fordern. Auch das vielleicht ein Thema für die beauftragte Arbeitsgruppe.

Autor: Thomas Winkel
Redaktion: Wim Abbink