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Mäntel der

Günther Birkenstock19. April 2013

Im Mittelalter wurden Kirchengewänder in Klöstern hergestellt. Heute kommen sie aus spezialisierten Schneiderwerkstätten - wie dem Paramente-Haus Wefer in Köln.

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Bischöfe in festlichen roten Priestergewändern bei der Eucharistiefeier während des Eröffnungsgottesdienstes der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2009 Foto: Uwe Zucchi dpa/lhe +++(c) dpa - Report+++
Bild: picture-alliance/dpa

Das Geschäft von Wolfgang Stracke liegt nur wenige Schritte vom Kölner Dom entfernt. Es ist vor allem der katholischen Tradition verpflichtet, doch zählen auch immer mehr evangelische Geistliche zu Strackes Kunden. In den Schaufenstern des Paramentehauses, das immer noch seinen Gründernamen Wefer trägt, sind Messgewänder in verschiedenen Formen und Farben ausgestellt. Alles ist dezent beleuchtet, Preisschilder sucht man vergeblich. Gleich hinter der Eingangstür hängen an einer Stellwand zahlreiche Kreuze. Kelche, Heiligenfiguren und Kerzenleuchter ergänzen das Ensemble religiöser Utensilien.

Was für Laien wie Dekoration aussieht, ist Bestandteil der Paramente. Paramente, das sind nicht nur Kleidungsstücke, die ein Priester und seine Assistenten in der Messe tragen. Dazu zählen auch Gegenstände, die für die Liturgie gebraucht werden, vom Altartuch bis zum Hostienbehälter. "Wir können hier alles bieten", sagt Wolfgang Stracke, "sogar Kirchenantiquitäten aus früheren Jahrhunderten." Er weiß, wovon er spricht, und nicht nur, weil er in dem bereits 1885 gegründeten Traditionsbetrieb gelernt hat. Als promovierter Kunsthistoriker hat Stracke die Kirchenornamentik auch historisch wissenschaftlich untersucht.

Einhundert Prozent Handarbeit

Wolfgang Stracke verkauft Kleider für Geistliche in verschiedensten Gestaltungsformen. Doch von "Kirchenmode" mag er nicht sprechen. "Mode beschreibt eher etwas Kurzfristiges", erklärt er, "aber wir stellen Dinge her, die Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte überdauern."

Schneiderin Helga Wagner bei der Arbeit im Paramentehaus "Wefer", Köln. Copyright: DW/Günther Birkenstock
Schneiderin Helga WagnerBild: DW/G. Birkenstock

Jedes Kleidungsstück wird von einer der vier hauseigenen Schneiderinnen in Handarbeit genäht. Eine von ihnen ist Helga Wagner. Seit 30 Jahren arbeitet sie in der Kölner Paramente-Werkstatt. Fünfzehn Stunden sitzt die 60jährige im Durchschnitt an einem Priestergewand. Manchmal ist sie auch als Beraterin gefragt: "Zum Beispiel, wenn junge Geistliche sich einen Bibelspruch zum Lebensmotto gewählt haben, dann versuchen wir, diese Wünsche im Gewand umzusetzen", erzählt Helga Wagner.

Kirche und Kunst

Darf es ein wertvolleres Modell sein? Dann fertigt das Paramentehaus auch schon mal nach Entwürfen eines eigens dafür beauftragten Künstlers. So kommt es, dass die Preise stark auseinandergehen. Schon ab 400 Euro ist man dabei. Doch schnell kostet ein Priestergewand auch schon mal 4000 Euro. Nach oben gibt es keine Grenzen.

Restaurierung einer historischen Applikation im Paramentehaus "Wefer", Köln. Copyright: DW/Günther Birkenstock
Bei der Restaurierung alter Gewänder wird jeder Zentimeter überarbeitet.Bild: DW/G. Birkenstock

"Immer spiegeln die Gewänder den Geist ihrer Zeit", sagt Stracke. Doch anders als früher finden heute verschiedenste Kunstrichtungen Eingang in die Machart eines Gewandes. "Da finden Sie den Reduktionismus, Konstruktivismus genauso wie den Kubismus wieder". Meistens aber, so resümiert Stracke, verlangen die Auftraggeber klare und schlichte Formen. Eine Tendenz, die er seit dem II. Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren beobachtet.

Tiefsinnige Symbolik

Eines der auffälligsten Ausstellungsstücke im Paramentehaus Wefer stammt von dem österreichischen Künstler Leo Zogmayer. Der hat nicht nur das prachtvolle Priesterkleid mit farbigen Rechteckformen entworfen, sondern auch die Innenausstattung einer Aschaffenburger Kirche in durchgängigem Weiß gestaltet, in der das Messgewand ideal zur Geltung kommen soll. "Die Farbenvielfalt symbolisiert hier das Paradies. Das hat der Künstler auch draufgeschrieben. Lukas 17 Vers 21: Denn das Himmelreich ist bereits auf Erden", erläutert Stracke. Kirchengeschichtliches Wissen zahlt sich aus, will man Kirchengewänder verstehen.

Priestergewand von Künstler Leo Zogmayer im Paramentehaus "Wefer", Köln. Copyright: DW/Günther Birkenstock
Kunstvolles Priestergewand von Leo ZogmayerBild: DW/G. Birkenstock

Was erhalten ist, wird auch getragen

Stolz zeigt Stracke ein Gewand aus dem 15. Jahrhundert: Verziert ist das Ausstellungsstück mit einer üppigen Blumen-Stickerei und einer Jesusgestalt, alles sorgsam eingefasst in kostbare Goldborde. Solche seltenen Kunstwerke zu restaurieren, gehört ebenfalls zu Strackes Aufgaben, denn sie sind noch in Gebrauch. "Mit der Paramenik ist das wie mit Kirchengebäuden. Solange sie in Ordnung sind, werden sie auch benutzt."

Historisches Kirchengewand im Paramentehaus "Wefer", Köln. Copyright: DW/Günther Birkenstock
Auch Kirchenkleider aus alter Zeit werden heute noch getragen.Bild: DW/G. Birkenstock

Kunden aus aller Welt

Das Paramentehaus Wefer gehört selbstredend zu den Exoten im deutschen Einzelhandel. Die Konkurrenz ist überschaubar, nur ein Dutzend Betriebe dieser Art gibt es hierzulande. Und so kommen die Kunden - über die Kölner Diözese hinaus - von weit her - Geistliche aus dem europäischen Ausland, viele aus den USA.Sie alle lassen ihre Kirchengewänder in Köln herstellen, im Schatten des mächtigen und prächtigen Doms.

Inhaber des Paramentehauses "Wefer" Wolfgang Stracke (Köln). Copyright: DW/Günther Birkenstock
"In heutigen Kirchen wird Traditionelles und Modernes getragen" sagt Wolfgang StrackeBild: DW/G. Birkenstock