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Kirchenstreit zwischen Belgrad und Skopje erneut entbrannt

2. Juni 2005

Der jahrelange Konflikt um die Abspaltung der Mazedonisch-Orthodoxen Kirche von der Serbisch-Orthodoxen scheint zu eskalieren. Ein Beschluss des höchsten serbischen Kirchenorgans hat die Gemüter in Skopje erhitzt.

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Wird der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I. vermitteln?Bild: AP

Eine Bischofskonferenz, die Heilige Erzpriesterversammlung der Serbisch-Orthodoxen Kirche, SPC, hat Ende Mai stattgefunden. Nach ihrer ordentlichen Sitzung wurden die Ergebnisse bekanntgegeben. An erster Stelle steht wohl der Beschluss, dass jeglicher Kontakt zu Vertretern der kanonisch nicht anerkannten Mazedonisch-Orthodoxen Kirche, MPC, und auch zu ihren Gläubigen abgebrochen wird. Dieser Schritt der SPC entflammte erneut den Streit zwischen beiden Kirchen.

Warten auf Autokephalie

Die MPC löste sich bereits vor fast vierzig Jahren vom Belgrader Patriarchat, ist aber bis heute nicht als autokephale, also als selbstständige, Kirche anerkennt. Blockiert wurde die Kirchentrennung vorwiegend vom Belgrader Patriarchat, das dieser Trennung nicht zustimmt. Für einen autokephalen Status benötigt die MPC nach den kanonischen Gesetzen jedoch die Zustimmung aller orthodoxen Kirchen und vor allem der vom Ökumenischen Patriarchat Konstantinopel.

Funkstille seit fast drei Jahren

Vor einigen Jahren unternahmen beide Kirchen den Versuch, den Streit beizulegen. Dies scheiterte jedoch, als der serbisch Patriarch Pavle den mazedonischen Klerus aufrief, die Spaltung zu überwinden und sich der SPC wieder anzuschließen. Ein Bischof des Synods der MPC, Jovan, folgte dem Aufruf und wurde zum Erzbischof von Ohrid ernannt. Die MPC versetzte Jovan dann im September 2002 in den Laienstand. Seitdem gab es keine erneuten Annäherungsversuche.

Gefahr für bilaterale Beziehungen?

Die Öffentlichkeit in Serbien ist wegen des abgebrochenen Kontakts zur MPC uneins. Die Entscheidung des höchsten Kirchenorgans die Kommunikation auch mit dem mazedonischen Volk abzubrechen, wird indes verurteilt. In Mazedonien löste diese Maßnahme Empörung aus – und zwar nicht nur beim Klerus, sondern auch in der Politik. Das serbisch-montenegrinische Außenministerium regierte umgehend auf den Beschluss der SPC-Spitze und erklärte, dieser Beschluss könne und dürfe nicht die sehr guten bilateralen Beziehungen zu Mazedonien gefährden. Dennoch verurteilten fast alle Politiker in Mazedonien das Vorgehen der SPC. Ministerpräsident Vlado Buskovski forderte in einem Schreiben an das Ökumenische Patriarchat Konstantinopel Patriarch Bartholomäus I. auf, zu vermitteln, damit der Kirchenstreit zwischen der SPC und MPC beigelegt werden könne.

Mazedonischer Synod fordert Unterstützung

Am 31. Mai tagte dann auch der Synod der MPC und verwarf die Beschlüsse der serbisch-orthodoxen Bischofskonferenz. Die MPC will sich nun an die übrigen orthodoxen Kirchen wenden, allen voran an das Patriarchat Konstantinopel, und sie um Unterstützung für eine Beilegung des Konflikts mit der SPC ersuchen. In einer Mitteilung ruft die MPC die orthodoxen Mazedonier sowie alle wohlgesinnten Menschen und Freunde der mazedonischen Kirche dazu auf, sich nicht zu sorgen.

Dialog zwischen den Präsidenten Tadic und Crvenkovski

Präsident Branko Crvenkovski teilte mit, er werde noch im Juni seinen serbischen Amtskollegen Boris Tadic einladen, damit sie unter anderem auch diesen Kirchenstreit erörtern. Tadic sagte jedoch bei einem Berlin-Besuch am 31. Mai der Deutschen Welle, er könne sich nicht in Kirchenangelegenheiten einmischen, weil er an einen säkularisierten Staat glaube: "Ich glaube, dass die Kirche wie auch der Staat ein Teil der Gesellschaft sind und ich begrüße auch nicht einen Beschluss, der die Kooperation zwischen zwei Gesellschaften und Staaten verhindert. Serbien hegt die besten Absichten und Sympathien für Mazedoniens Entwicklung und seine europäische und euroatlantische Integration. Ich als Präsident Serbiens werde immer ein Freund der Mazedonier sein", so Tadic. Er vertritt ferner die Ansicht, dass die Kirchen ihre Konflikte in ihrem Zuständigkeitsbereich und ihrer historischen Mission lösen müssten. Dies dürfe sich aber keinesfalls auf die bilateralen Beziehungen der Staaten auswirken.

E. Stitkovac, Belgrad, G. Petrevski, Skopje, S. Padori
DW-RADIO/Serbisch, DW-RADIO/Mazedonisch, 1.6.2005, Fokus Ost-Südost