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Kirgisistan sehnt sich nach stabilen Verhältnissen

7. Juli 2005

Am Sonntag (10.07.) wählen die Kirgisen einen neuen Präsidenten. Nach den Unruhen im März sehnen sich die Menschen nach stabilen Verhältnissen. Experten warnen: Eine mangelnde Wahlbeteiligung hätte verheerende Folgen.

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Interims-Präsident Kurmanbek Bakijew gilt als Favorit bei den WahlenBild: AP

Sechs Kandidaten stellen sich der kirgisischen Bevölkerung zur Wahl. Kurmanbek Bakijew - der heutige stellvertretende Präsident und Premier - ist laut Umfragen der wahrscheinlichste Sieger. Bis zu 75 Prozent der Kirgisen wollen für ihn stimmen. Danach weit abgeschlagen mit 5 Prozent der Stimmen folgt in Umfragen Tursunbai Bakir uulu, der jetzige Beauftragte für Menschenrechte. Er vertritt die muslimische Bevölkerung und will einen islamischen Staat aufbauen - jenseits von Gewaltenteilung und Ministerposten. Alle Macht soll auf den Präsidenten vereint werden.

Erstmals kandidiert eine Frau

Als erste Frau in der kirgisischen Geschichte kandidiert Toktaim Umetalijeva für das Präsidentenamt. Bisher arbeite sie für Nichtregierungsorganisationen. Ihre Entscheidung an den Wahlen teilzunehmen begründet sie so: „Ich als Frau bin beunruhigt über das Schicksal unseres Landes. Ich sehe die Charakterlosigkeit unserer Männer. Der Grund, warum ich an den Wahlen teilnehme, ist mein Instinkt der Selbsterhaltung. Diesen Instinkt übertrage ich auf das ganze Land. Man empfindet mich wie ein Wunder. Die Kinder und andere Verwandte sind begeistert. Nur mein Gatte ist ein wenig besorgt. Er fürchtet, dass ich mir dadurch Feinde mache."

Wahlwerbung nur für Bakijew?

Obwohl sechs Kandidaten zur Wahl stehen, werfen Kritiker dem Interimspräsidenten Bakijew Manipulation vor. Im ganzen Land sei nur seine Wahlwerbung zu sehen. Die Wähler hätten keine wirkliche Alternative.

Bakijew wirbt auf seinen Plakaten für "Arbeit und Eintracht" unter den Kirgisen. Denn nur dadurch könne eine positive Zukunft für das Land geschaffen werden. Bakijew, einst Regierungschef unter Akajew, gilt als starker Mann des verarmten und bevölkerungsreichen Süden.

Sein Ziel will er zusammen mit dem früheren Geheimdienstchef Felix Kulow, dem Vertreter des Nordens, erreichen. Kulov - der "ewige" Gegner von Ex-Präsident Akajew, der auch ein paar Jahre im Gefängnis verbringen musste - soll nach einem Sieg Bakijews Premierminister werden. Gemeinsam wollen Bakijew und Kulov Armut und Korruption bekämpfen und neue Investoren ins Land locken. Im Interview gibt Kulow zu, Vorteile im Wahlkampf zu haben: „Wenn man schon an der Macht ist, ist man klarerweise im Vorteil. Es ist einfach so: Bakijew und Kulov sind in Kirgisien bekannter, als die Übrigen. Wir haben schon unsere Wähler. Unter Akajev gab es keine gerechten Wahlen. Heute sind die Machenschaften von gestern nicht mehr möglich. Man kann nicht ausschließen, dass in einigen Regionen dem Menschen gesagt wird, für wen sie stimmen sollen, aber solche Fälle werden nicht zum System".

OSZE äußert Bedenken

Die OSZE monierte in ihrem Bericht zur Situation vor der Wahl die ungleiche Präsenz der Kandidaten in den Medien und bei der Wahlwerbung. Fernsehsender berichteten überwiegend positiv über Bakijew, der darüber hinaus finanziell wesentlich besser ausgestattet ist als die anderen Kandidaten.

Allerdings hätten alle Kandidaten freien Zugang zu den Medien, sagt der Schweizer OSZE-Botschafter Markus Müller. Im Fernsehen liefen politische Debatten, in denen jeder Anwärter sein Programm präsentieren könne. Markus Müller sieht eher die Wahlbeteiligung als Problem: „Wo man sich Sorgen macht, ist das Interesse und die Beteiligung der Bevölkerung. Wenn die Wahlbeteiligung nicht mehr als 50 Prozent beträgt, dann kommt es zu keinem gültigen Resultat der Wahl. Und jetzt ist natürlich Ferienzeit".

Wahlen auch für Kirgisen in Russland

Die Folge wäre eine Neuwahl, bei der die jetzigen Kandidaten nicht mehr antreten dürften. Daher versucht die Regierung alles, um vor allem auch die Kirgisen in Russland zu erreichen. Bis zu 700.000 sollen in Russland leben, viele von ihnen illegal. Sie fürchten Ärger mit den russischen Behörden wenn sie zur Wahl gehen und sich zu erkennen geben.

Um sie dennoch zu erreichen, sollen in einigen russischen Städten auch auf Märkten oder in öffentlichen Gebäuden Wahllokale aufgebaut werden. Dafür wurde sogar das kirgisische Wahlgesetz geändert. Lydia Imanalijeva, Mitarbeiterin im kirgisischen Außenministerium, hofft dabei auf die Kooperation mit den russischen Behörden: „Die Polizisten in Russland und Vertreter von anderen Behörden verlangen oft Geld von unseren Bürgern, die illegal dort arbeiten. Oft kommt es zu Erpressungen und Drohungen. Deswegen haben wir noch mal die russische Regierung darauf aufmerksam gemacht, damit es am Tag der Wahlen keine Probleme gibt. Und ich weiß, es gab Anweisungen, dass die Behörden in den Städten, wo Wahllokale eingerichtet sind, die kirgisische Bürger unterstützen".

Um die Sicherheit im Land macht sich Innenministerium offiziell keine Sorgen, obwohl es im Vorfeld der Wahl wiederum zu Demonstrationen kam und versucht wurde, das Parlament zu stürmen. Besondere Maßnahmen seien nicht nötig, betonte der stellvertretende Innenminister.

Darja Brjanzewa

DW-RADIO/Russisch, 7. 7.2005, Fokus Ost-Südost