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Klare Worte Köhlers in Afrika

Ute Schaeffer, zzt. Addis Abeba 16. Dezember 2004

Bundespräsident Horst Köhler beendete am Donnerstag (16.12.) seine zehntägige Afrika-Reise. Auf all seinen Stationen fand er klare Worte für die oft missliche Lage der Länder, die häufig genug selbst verschuldet ist.

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Klare Worte müsse man in Afrika sprechen - davon ist Bundespräsident Horst Köhler überzeugt. Und an klaren Worten mangelte es auch nicht während seiner Afrika-Reise: Manchen Diplomaten mag der Schreck in die Glieder gefahren sein, als Köhler in Benin den Staatspräsidenten Mathieu Kérékou darauf hinwies, dass der Anti-Korruptionstag bevorstehe und Benin bei der Korruptionsbekämpfung noch viel zu tun habe. Und bei einem Treffen mit Stammeshäuptlingen sprach Köhler die immer noch praktizierte Genitalverstümmelung von Mädchen an.

Wo immer er auftrat, redete Köhler Kartext und stellte konkrete politische Forderungen: Die Afrikaner müssten aufhören, die Ursachen für Kriege und Konflikte im Ausland zu suchen. Immer noch gingen zu viele Kriege von Afrika selbst aus, ruinierten sich Staaten dort selbst. Viele Reformen träten auf der Stelle, die Länder kämen nicht vom Fleck, so Köhler. Diese Probleme müssten die Afrikaner nun endlich selbst anpacken. Ansonsten würden sich die Geberländer fragen, wofür sie eigentlich ihr Geld ausgeben. Afrika könne dem Wettbewerb nicht ausweichen und müsse Eigenverantwortung zeigen.

Deutliche Worte. Doch sie sind nötig, denn selbst in Staaten wie Benin oder Äthiopien, die als Beispiele für eine gelingende Demokratisierung gelten, ist ein Teil etwa der deutschen Entwicklungsgelder eben nicht zur Armutsbekämpfung eingesetzt worden - sondern in den Taschen einer korrupten politischen Elite gelandet. Köhler versteht sich als Freund Afrikas. Gleichzeitig aber ist er überzeugt, dass Freundschaft Kritik nicht ausschließt.

Doch auch die Europäer entlässt Köhler nicht aus ihrer Verantwortung. Afrika wird auch in Zukunft auf die Unterstützung der Weltgemeinschaft angewiesen sein. Die Geberländer müssten nun verstärkt an die Einlösung ihres Versprechens gehen, bis 2015 die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens aufzustocken. Davon ist auch Deutschland mit bisher 0,28 Prozent weit entfernt. Handelsbarrieren und den Welthandel verzerrende Subventionen sollten endlich abgebaut werden, um die Produkte Afrikas auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen.

Der Bundespräsident nahm sich während seiner Reise viel Zeit für Gespräche. Immer wieder suchte er den Kontakt zu Menschen außerhalb der politischen Ebene. Er sprach mit Nichtregierungsorganisationen, mit Künstlern und Studenten, mit Frauen, die Mikrokredite in Anspruch nehmen, mit Menschen, die ihn auf der Straße begrüßten.

Vor allem folgte Köhler den Ausführungen seiner Gegenüber aufmerksam, fragte nach und forderte zur Diskussion auf. "Euer Präsident hört ja zu!" - war des öfteren begeistert und zugleich erstaunt aus dem Kreis seiner Gesprächspartner zu hören, die von ihren eigenen Präsidenten solches offenbar nicht gewöhnt sind.

Köhler suchte in Afrika den Dialog auf gleicher Augenhöhe. Und definiert genau das auch als politisches Ziel: dass der Dialog zwischen gleichberechtigten Partnern auf afrikanischer und auf europäischer Seite künftig eine echte Partnerschaft ermöglicht.

Mit seiner Reise honorierte der Bundespräsident den Reformwillen der politischen Führungen in Sierra Leone, in Benin und Äthiopien. Gleichzeitig aber wollte und will Köhler den afrikanischen Kontinent in den Blickpunkt der deutschen Öffentlichkeit rücken. Und das nachhaltig, denn der Bundespräsident plant, künftig in jedem Jahr seiner Amtszeit eine längere Afrikareise zu machen.

Der Kontinent birgt viele Risiken - wie das Beispiel des von Köhler besuchten Sierra Leone zeigt, das sich nur unter großen Schwierigkeiten und mit Hilfe der größten UN-Friedensmission vom Erbe des Bürgerkriegs befreit. Von schwachen und gescheiterten Staaten wie der Elfenbeinküste oder Simbabwe gehen für Europa neue Risiken aus. Terrorzellen operieren auch auf dem afrikanischen Kontinent, vor allem in der Region am Horn von Afrika.

Niemand kann sich somit auf den Standpunkt zurückziehen, Deutschland habe in Afrika keine Interessen. Der Bundespräsident ist vom Gegenteil überzeugt - und auch das hat er mit seiner ersten großen Auslandsreise demonstriert: Afrika geht Deutschland und die Geberländer etwas an! Versinkt Afrika im Chaos, ist die Sicherheit in Europa und die Globalisierung insgesamt in Gefahr.