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Klaus Augenthaler

29. März 2007

Klaus Augenthaler. Fußballlehrer, Ur-Bayer und Philosoph. Das Gesicht spricht Bände. Als Spieler war er immer Bayern München. Als Trainer Nürnberger, Leverkusener. Dann hat es ihn ins Niemandsland verschlagen.

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Klaus AugenthalerBild: DW-TV

Zitat Klaus Augenthaler vom 24.05.2003:
"Im Fußball gibt es keine Vergangenheit. Es gibt nur die Gegenwart."

Ich heiße Klaus Augenthaler und bin leitender Angestellter beim VfL Wolfsburg.

Und Weltmeister sind Sie auch.

Ich könnte mir von meinem Weltmeistertitel und meinen sieben deutschen Meisterschaften noch einiges kaufen und herunter beißen. Das geht aber nicht. Ich muss mich jeden Tag neu beweisen.

Sie gewinnen zwei Spiele hintereinander. Gegen Gladbach und gegen Bochum, aber Sie wirken irgendwie unzufrieden. Dabei stammt doch von Ihnen der Satz: Eins zu Null sind auch drei Punkte.

Ich stelle mir einen anderen Fußball vor. Das ist nicht der Fußball, den ich mir vorstelle. Aber da merkt man, die Mannschaft ist nicht so weit, dass sie das Selbstvertrauen aus guten Spielen mitnehmen kann.

Meinen Sie, die Verpflichtung von Marcelinho hat Wolfsburg gerettet in dieser Saison?

Wir haben uns im letzten Jahr ohne Marcelinho auch gerettet. Ich hoffe nur, dass wir uns in diesem Jahr früher retten können. Im letzten Jahr hatten wir gegen Kaiserslautern am letzten Spieltag ein absolutes Finale.

Sie haben bei Amtsantritt Geldstrafen abgeschafft fürs "Zu-spät-Kommen".

Normalerweise stellt die Mannschaft den Strafenkatalog auf. Aber was bringen zehn Euro Strafe, wenn er irgendwo was vergisst. Oder er kommt fünf Minuten zu spät und zahlt 50 Euro. Das tut dem auch nicht weh. Aber wenn er was machen muss, ein Lied singen oder ein Gedicht aufsagen oder einen Witz erzählen, dann sieht das schon ganz anders aus.

Ist das schon mal passiert?

Ja, schon einige Male.

Gilt das auch für Sie? Mussten Sie schon ein Gedicht aufsagen?

Nein, bis jetzt noch nicht.

Gesungen?

Noch gar nichts, Nein.

Waren Sie im Chor früher?

Ja, aber nur zwei Wochen lang.

Zitat Klaus Augenthaler vom 16.03.2000:
"Wer mich kennt, weiß, wie ich bin, aber die wenigsten kennen mich."

Sie haben mal gesagt, wer Sie nicht kennt, der weiß nicht wie Sie sind. Aber keiner kennt Sie. Oder kaum jemand. Beschreiben Sie sich doch mal. Sind Sie so ein schwieriger Typ?

Soll ich mich jetzt "outen"? Es kennt mich eigentlich kaum ein Mensch außer meiner Frau. Man hat ja Klischees, man ist ja irgendwo in einer Schublade. Ich habe versucht es allen recht zu machen. Ich habe probiert, die Klischees, die mir unterstellt wurden, zu verändern. Und im Endeffekt hat sich nichts verändert. Deswegen habe ich gesagt, lasst mich in der Schublade. Die Zweite, die Dritte, die Weißbier-Schublade, die Wein-Schublade, die Marlboro-Schublade oder eben diese. Soll sich jeder sein Bild machen, wie er lustig ist.

Haben Sie mal versucht, mit dem Rauchen aufzuhören?

Ja, klar!

Und? Ist es schwierig?

Nee.

Haben Sie es geschafft?

Ja, für zwei Tage.

Setzen Sie sich damit auseinander?

Ja.

Fühlen Sie sich kriminalisiert oder stigmatisiert durch das was im Augenblick in Deutschland oder in ganz Europa passiert, dieser Nichtraucherwelle?

Ja gut. Es ist ja nicht nur die Nichtraucherwelle. Es ist das Ökogesetz, die Auspuffgase und dieses und jenes. Pffffft. Ich rauche gerne, und ich rauche vielleicht auch zuviel. Aber ich bin immerhin ein sehr guter Steuerzahler.

Das stimmt!

Da gab es doch mal Zeiten, wo man darüber sprach, dass sie gerne mal ausgegangen sind und ihre Frau dann gesagt hat: Entweder Du willst Profi-Fußballer werden oder Du willst weiter ausgehen. Haben Sie ihr viel zu verdanken?

In der Beziehung schon. Da hat es bei mir Klick gemacht. Man darf das nicht vergessen. Ich war damals 18 oder 19. Ich war gerade so beim Reinschnuppern als Stammspieler beim FC Bayern. Man glaubt dann so nach fünf oder sechs Bundesliga-Spielen, man ist der Größte. Man hat Freunde, man geht nach Schwabing. Und dann hat sie mich gefragt: Willst Du ne Kneipe in Schwabing aufmachen oder Profi bleiben.

Sie sind dann 23 Jahre bei dem Verein geblieben.

Ich war 17 Jahre lang Profi.

Aber Sie haben dort auch als Co-Trainer gearbeitet.

Ja.

Warum sind Sie eigentlich Trainer geworden?

Eine gute Frage! Aber irgendwann zum Ende meiner Karriere war das Angebot da, irgendwo bei Opel oder Adidas als Repräsentant einzusteigen. Da hat meine Frau irgendwann gefragt: "Ist das deine Welt. Willst Du das, kannst Du das?" Ich sagte: "na, eigentlich brauche ich Rasen."

Den Geruch von Rasen?

Ja.

Was fehlt den Bayern im Augenblick? Hitzfeld sagt, die Nummer 10.

Ich habe gelesen, jetzt am Wochenende, wo ich zuhause war, Hitzfeld hat gesagt, den Bayern fehlt ein Kracher. Ich habe noch Vertrag hier!

Zitat Klaus Augenthaler vom 31.12.2005:
"Wolfsburg ist ein Verein, bei dem man etwas bewegen kann."

Jetzt sind Sie von Platz 13 auf Platz 10 geklettert. Da haben Sie sich schon verbessert.

Letztes Jahr, kann man sagen, sind wie 16ter geworden und nicht abgestiegen. Jetzt sind wir 10ter, vielleicht werden 9ter oder 13ter. Es ist mir egal. Die Mannschaft hat sich weiterentwickelt.

Zitat Klaus Augenthaler vom 10.05.2006:
"Das bitterste an diesem Job ist die Hilflosigkeit."

Sie vermissen es, selbst zu spielen, oder nicht?

Ja, das war das Schönste, es ist Schönste, und es ist nach wie vor das Schönste. Und das ist das, was mir weh tut, wenn am Samstag um halb vier das Spiel beginnt, dann bist Du als Trainer hilflos, machtlos. Ja gut, Du hast dann die Pause, wo Du ein bisschen was bewirken kannst, aber ansonsten könnte ich am liebsten nachhause gehen und mir das Spiel im Fernsehen anschauen.

Da gewinnt so eine Mannschaft wie die Ihre das Spiel 1:0, und Sie sagen am Ende. Das beste am Spiel war der Schlusspfiff!

Ja, weil, es kostet mich Nerven. Es kostet mich graue Haare. Und Du hast nie die Sicherheit bei der Mannschaft. Du kommst nie ins ruhige Fahrwasser oder kannst anwarten, bis sie das 3:0 macht. Nein! Und so kommt es auch, und ich kenne meine Mannschaft. Wenn das 2:1 fällt, fängt sie wieder an zu zittern.

Zitat Klaus Augenthaler vom 23.05.2005:
"Am liebsten wäre ich mal drei Spieltag vor Schluss Meister, dann könnte ich beruhigt auf der Bank sitzen."

Macht Sie das wahnsinnig, dass sie nicht selber auf den Rasen laufen können?

Ich kann die Uhr nicht mehr zurück drehen, die Zeit!

Ich danke Ihnen ganz herzlich.

Gerne.

Zitat Klaus Augenthaler:
"Wir leben alle auf dieser Erde, aber eben auf verschiedenen Spielhälften."