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"Kein Kalter Krieg wegen Syrien"

Alexander Warkentin30. August 2013

Russland lehnt eine militärische Einmischung in Syrien ab. Was bedeutet das für die russisch-amerikanischen Beziehungen? Fragen an Margarete Klein von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik.

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Barack Obama und Wladimir Putin (Foto: REUTERS/Kevin Lamarque)
Die Präsidenten der USA und Russland, Barack Obama und Wladimir PutinBild: Reuters

Deutsche Welle: Frau Klein, Russland behauptet, mit der Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad verteidige es die Prinzipien der Souveränität und Nichteinmischung. Sehe Sie das auch so?

Margarete Klein: Ich denke, es ist viel darüber geredet worden, dass Moskau in Syrien wirtschaftliche oder militärische Interessen vertritt. Syrien ist ein wichtiger Waffenkäufer Russlands. Die Russen haben einen Marinestützpunkt in Tartus. Aber ich glaube, die russische Interessenlage ist tatsächlich prinzipiell. Es geht darum, welche Prinzipien des internationalen Rechts Geltung haben sollen. Das wäre eben Nichteinmischung in innere Angelegenheiten von Staaten oder auch, dass es keinen Regimewechsel von außen gibt, der militärisch herbeigeführt wird. Das ist letztendlich der Versuch Russlands, die internationale Ordnung mit zu gestalten. Ich denke, was in Libyen passiert ist, hat die russische Haltung stark verhärtet.

Portrait von Margarete Klein, Russland-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin (Foto: Margarete Klein)
Margarete Klein, Russland-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in BerlinBild: M. Klein

In den russischen Medien werden die Gegner Assads stets als "Freischärler" und "Terroristen" bezeichnet. Inwieweit kann man dem zustimmen?

Ich denke, das ist differenzierter zu sehen. Sicherlich gibt es radikale Islamisten, es gibt aber auch gemäßigte Kräfte. Dass die russische Seite versucht, alle Rebellen als "Terroristen" zu brandmarken, sehe ich eher als eine Rechtfertigungsstrategie für das eigene Handeln und das Handeln des Assad-Regimes. Denn solange man die Situation in Syrien so darstellt, als ob eine legitime Regierung es mit "Terroristen" zu tun hätte, kann das harte Vorgehen gegenüber den Rebellen als reiner "Anti-Terrorkampf" gerechtfertig werden.

Russland hat aus eigener Erfahrung in Tschetschenien lernen müssen, je länger ein Krieg dauert, desto mehr Einfluss gewinnen die radikalen Kräfte unter den Aufständischen. Ist das wirklich eine bewusste Taktik von Moskau, alle Handlungen gegen Assad hinauszuzögern und im UN-Sicherheitsrat zu blockieren?

Ich glaube nicht, dass das eine bewusste Strategie war. Ich glaube eher, dass man dieses Risiko einfach hingenommen hat. Aber ich glaube, dass die Entwicklung auch für Russland Risiken birgt, denn es wird gemutmaßt, dass mehrere Hundert Tschetschenen in Syrien kämpfen. Wenn die zurückkommen - mit mehr Kampferfahrung, mit internationalen Verbindungen - dann könnte das auch die Sicherheitslage für Russland im Nordkaukasus verschärfen.

Befürchten Sie ein Aufleben des Kalten Kriegs zwischen Moskau und Washington und einen Stellvertreterkrieg in Syrien?

Nein, überhaupt nicht. Der Kalte Krieg war ein Kampf verschiedener politischer, gesellschaftlicher und auch wirtschaftlicher Systeme, also ein wirklicher Systemkonflikt. Davon sind wir meilenweit entfernt. Was wir jetzt haben sind Interessenkonflikte zwischen Russland und den USA. Das ist kein wirklicher Systemkonflikt. Das Verhältnis zwischen Russland und den USA ist im Moment kein besonders inniges und kein besonders gutes. Aber es ist meilenweit davon entfernt, dass wir von so etwas wie einem Kalten Krieg sprechen können. Das sind Labels, die man gerne benutzt, weil sie auf den ersten Blick eine Richtung anzeigen, aber die vom Inhalt her absolut unpassend sind.

Margarete Klein ist Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Sie gehört der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien an. Ihre Forschungsgebiete sind die russische Außen- und Sicherheitspolitik, Russlands Rüstungspolitik sowie die Beziehungen zwischen Russland und der NATO.