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K(l)eine Bühne für Lieberman

8. Mai 2009

Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman ist auf Europa-Tour - doch die Staatschefs gehen ihm aus dem Weg. Nach Rom, Paris und Prag war Lieberman jetzt in Berlin. Dort wird sein radikaler Kurs kritisch gesehen.

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Avigdor Lieberman in Berlin (Foto: dpa/DW-Montage)
Avigdor Lieberman traf in Berlin nicht auf Angela MerkelBild: AP/picture alliance/dpa/DW Fotomontage

Bei dem Antrittsbesuch des neuen rechtsgerichteten Außenministers Avigdor Lieberman in Berlin am Donnerstag (07.05.2009) hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf die Fortsetzung des Nahost-Friedensprozesses gedrungen. Steinmeier forderte ein klares Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung: "Ich habe die klare Erwartung, dass die neue israelische Regierung am Friedensprozess im Nahen Osten festhält und mit Energie die Zwei-Staaten-Lösung verfolgt." Dies sei für die Menschen auf beiden Seiten der "einzige Weg für Frieden und Sicherheit".

Keine konkreten Aussagen

In einem ersten Gespräch mit Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses ließ sich Lieberman, Chef der ultranationalistischen Einwandererpartei Israel Beitenu (Unser Haus Israel), ein solches Bekenntnis dennoch nicht entlocken. Und auch bei seinem Treffen mit Steinmeier hielt er sich mit klaren Aussagen zurück. Die israelische Regierung wolle, bis zum Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei Barack Obama am 18. Mai konkrete Perspektiven entwickeln. Dies teilte das Auswärtige Amt im Anschluss an das Treffen mit.

Angela Merkel wirbt für Frieden

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor dem Treffen von Lieberman und Steinmeier sowohl die Israelis als auch die Palästinenser aufgefordert, in den kommenden Monaten die Chance für einen neuen Anlauf für einen Frieden in Nahost zu nutzen. Dieser könne nur in eine Zwei-Staaten-Lösung münden, betonte die Kanzlerin. "Es gibt keine Alternative zu einer solchen Lösung."

Die neue Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hat das Modell eines jüdischen und eines palästinensischen Staates bisher nicht unterstützt und fordert zunächst die einseitige Anerkennung Israels durch die Palästinenser.

Lieberman und Frattini(Foto: AP)
Wird in Europa kritisch beäugt: Avigdor LiebermanBild: AP

Zurückhaltender Empfang in Europa

Vor seinem Besuch in Berlin war Avigdor Lieberman auch in Prag zu Gast, wo er sich mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana zu Gesprächen über die eingefrorenen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Israel traf - ohne Ergebnis. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte sich rechtzeitig zu einer Europa-Wahlkampfveranstaltung abgesetzt, um Lieberman nicht in Paris zu treffen, wo der israelische Außenminister am Dienstag Station gemacht hatte.

Die erste Europareise des ultrarechten Israelis kommt zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen Israel und Europa deutlich abgekühlt sind. Daher hat sich der neue Chefdiplomat mit Italien, Frankreich, Deutschland und Tschechien zunächst einmal auch nur eher israelfreundliche Länder für seine Reise ausgesucht.

Der diskrete Empfang für Lieberman, der meistens ohne Presse stattfand, macht deutlich, dass seine Gastgeber ihm keine Bühne bieten wollen. Der Außenminister, der selbst zu den Siedlern des israelisch besetzten Westjordanlands zählt und dem das Wort "palästinensischer Staat" nicht über die Lippen kommt, ist in Europa ein politisch heikler Gast.

Europa auf den neuen israelischen Kurs vorbereiten

(Foto: AP, Montage: DW)
Eine schwierige Beziehung: Lieberman und die EUBild: AP/ DW-Fotomontage

Liebermans Aufgabe war es nach Angaben aus Israel, Europa auf die künftige Nahost-Politik der nationalkonservativen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einzustimmen. Keine leichte Mission für den wegen seiner anti-arabischen Äußerungen umstrittenen Politiker, der eher mit markigen Aussprüchen punktet als mit diplomatischem Auftreten.

Der israelische Außenminister hatte am Montag nach einem Treffen mit seinem italienischen Kollegen Franco Frattini in Rom erklärt, die israelische Regierung fühle sich dem Nahost-Friedensprozess verpflichtet. Auf die Frage, ob er einen eigenen palästinensischen Staat befürworte, antwortete Lieberman jedoch ausweichend. Das Bemühen um engere Beziehungen zwischen Israel und der Europäischen Union dürfe nicht mit einer Billigung der Zwei-Staaten-Lösung verknüpft werden, forderte er. Entsprechende Kritik der EU schade der Rolle Brüssels als Vermittler bei den Friedensbemühungen.

Werben um Geduld

Lieberman mit Berlusconi(Foto: AP)
Silvio Berlusconi ist bisher der einzige Staatschef, der sich mit Lieberman zeigtBild: AP

Lieberman, dem der Feldzug gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen zum Jahreswechsel nicht weit genug gegangen war, hat auf seiner Reise bei den wichtigen EU-Partnern um Geduld und Verständnis geworben.

Eine von Liebermans Schlüsselideen ist ein Gebietsaustausch zwischen Israel und den Palästinensern. Nach seiner Ansicht sollten Gebiete Israels, in denen besonders viele arabische Israelis leben, gegen Teile des Westjordanlandes ausgetauscht werden. So würde die Koexistenz zweier Staaten vorbereitet, die aus seiner Sicht "ethnisch homogen" wären. Insofern ist es für Lieberman nur konsequent, wenn er die "Gründung eines lebensfähigen Palästinenserstaates" befürwortet - und damit zumindest im Wortlaut - den Zielvorstellungen der internationalen Diplomatie für einen Ausgleich mit den Palästinensern näher kommt als Premierminister Benjamin Netanjahu. Liebermans Gegner allerdings halten diese Idee für "rassistisch". (sm/dh/wga/dpa/ap/afp)