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Gegen die Müttersterblichkeit in Äthiopien

23. August 2010

Jährlich sterben 670 von 100.000 Müttern in Äthiopien im Kindbett. Ein neues Projekt will die Sterblichkeitsrate der Mütter in Äthiopien halbieren.

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Eine äthiopische Mutter hält ihr unterernährtes Kind im Arm (Foto: dpa)
Eine äthiopische Mutter hält ihr unterernährtes Kind im ArmBild: picture alliance/dpa

Auf der Liste der Länder mit der höchsten Müttersterblichkeit belegt Äthiopien unter den afrikanischen Staaten einen Spitzenplatz. Nur sechs von 100 Müttern haben während Schwangerschaft und Geburt Zugang zu professioneller Hilfe. Die Müttersterblichkeit stellt damit die größte Gefahr für Frauen in Äthiopien dar.

Gemeinsam mit der äthiopischen Regierung haben die Vereinten Nationen und die Weltbank ein ambitioniertes Projekt aufgelegt, um bis 2015 das Millennium-Entwicklungsziel Nummer 5 zu erreichen: die Sterblichkeitsrate der Mütter in Äthiopien zu halbieren. Hoffnungsträger ist die landesweite Kampagne "No Woman should die while giving birth" - "Keine Frau sollte im Kindsbett sterben". Das Projekt wird auch von den beiden großen Religionsgemeinschaften, der christlich-orthodoxen Kirche und den Muslimen, unterstützt.

Abgeschnitten von Hilfe

Asya Mohammed ist 30 Jahre alt. Trotz ihres jungen Alters ist die Bäuerin bereits achtfache Mutter. "Als ich noch keine Verhütungsmittel benutzte, habe ich jedes Jahr ein Kind geboren", sagt sie. Das belastete Ihren Körper ernorm. Sie war sehr anfällig für Krankheiten. Aysa lebt in dem kleinen Dorf Aseliso, 500 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt, unweit der Grenze zu Somalia. Dies ist ländliches Afrika, wie es ländlicher nicht sein kann, wobei der Begriff für die Frauen von Aseliso keinerlei romantische Konnotation hat.

Unberührte Natur in Äthiopien - für die Menschen bringt die Abgeschiedenheit aber in erster Linie Probleme mit sich (Foto: picture alliance)
Weite Landschaft - die Abgeschiedenheit bringt für die Menschen auch große Probleme mit sichBild: picture alliance/imagestate/Impact Photos

Im abgelegenen Dorf fehlt es an Transportmöglichkeiten ebenso wie an einem Gesundheitszentrum. Beides wäre dringend nötig - denn durchschnittlich bringt eine Frau im ländlichen Äthiopien insgesamt sechs Kinder zu Welt. Aysa und die Frauen von Aseliso haben aber Glück gehabt, denn sie haben Sheik Salim Woda.

Familienplanung von muslimischen Würdenträgern

Der 50-Jährige ist einer der muslimischen Ältesten im Dorf und spielt eine für einen muslimischen Würdenträger eher seltene Rolle. Sheik Salim berät Frauen bei der Familienplanung, und wie sich diese mit dem muslimischen Glauben verträgt. Früher war Familienplanung aus religiösen Gründen untersagt. Die Vorfahren des Dorfes haben noch die traditionelle Verhütung praktiziert, den Coitus Interruptus. Die Einführung von neuen Verhütungsmitteln aus dem Ausland hat dies verändert.

"Meine Aufgabe ist es jetzt, den Frauen im Dorf zu erklären, dass es keine religiöse Verfehlung ist, moderne Verhütungsmethoden zu nutzen", sagt Sheik Salim Woda. Und seine Aufklärung hat Erfolg. "Ich beobachte, dass das Wissen der Frauen um diese Zusammenhänge immer größer wird. Deshalb geht in unserem Dorf die Mütter- und Kindersterblichkeit inzwischen fast gegen Null."

Junge Frauen in Äthiopien (Foto: dpa)
Irgendwann soll Müttersterblichkeit in Äthiopien der Vergangenheit angehörenBild: picture-alliance/ dpa

In guten Händen

Flankiert wird die Initiative vom Gesundheitsdienst des Dorfes. Dazu hat die Lokalregierung einen Gesundheitsposten eingerichtet, der sich speziell um Schwangere und Gebärende kümmert - eine kleine Revolution in dem abgelegenen Dorf.

Aster Abayneh ist eine der Mitarbeiterinnen. Ihre Aufgabe ist es, die Frauen zu beraten und ihnen Medikamente zur Verfügung zu stellen. "Wenn sich die Frau für eine Geburt zuhause entscheidet, zeigen wir ihr, wie sie etwa Blutungen während der Geburt verhindern kann. Nach der Geburt raten wir ihr, ihr Baby sechs Monate lang zu stillen. Wir kümmern uns auch um die Ernährung im allgemeinen, um Hygiene und solche Dinge", sagt Aster.

Jung und gesund

Fatuma Ahmed ist eine von Asters Patientinnen. Sie ist 29 Jahre alt und hat bereits sechs Kinder zur Welt gebracht. "Meine ersten vier Kinder sind im Abstand von jeweils einem Jahr gekommen. Ich hatte keine Ahnung von Verhütung und davon, wie man Kinder- und Müttersterblichkeit reduziert", erklärt Fatuma. Es war eine Frage der Zeit, wann es bei der nächsten Geburt zu Komplikationen und möglicherweise zum Tod des Kindes oder gar der Mutter kommen würde. Deshalb hat Fatuma dankbar angenommen, als die Behörden sie für den ganzheitlichen Gesundheits- und Hygieneansatz gewinnen wollten. Inzwischen hat sich ihre Lebensweise drastisch verändert.

"Früher haben wir mit unseren Tieren, den Ziegen und Hühnern, in einem Haus gelebt", erklärt Fatuma. "Die Küche war ebenfalls im Haus, und es gab keine Toilette. Inzwischen haben wir getrennte Bereiche für Menschen und Tiere, die Küche ist separat, und es gibt eine richtige Toilette. Zudem benutzen wir Moskitonetze, um eine Malaria-Ansteckung zu verhindern."

Zuversichtlich trotz der großen Herausforderung

Äthiopische Kinder
Äthiopische Kinder sollen mit Mutter aufwachsen könnenBild: UNO

Fünf Jahre bleiben Äthiopien noch, um die Müttersterblichkeit von derzeit 670 auf 300 Frauen pro 100.000 Gebärende zu reduzieren. Eine gigantische Aufgabe für ein Land, das nach wie vor zu den ärmsten der Welt zählt.

Doch Tsigereda Kifle, die Leiterin des Gesundheitsamtes von Dire Dawa, ist zuversichtlich, dass das Ziel erreicht werden kann. "Die Zahl der Geburten, die von ausgebildeten Hebammen durchgeführt werden, liegt inzwischen bei 48 Prozent. Das stimmt mich optimistisch, dass wir das Millennium-Entwicklungsziel innerhalb der nächsten fünf Jahre erreichen werden", sagt er.

Autor: Yohannes Gebreegziabher
Redaktion: Ludger Schadomsky / Stefanie Duckstein