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50 Jahre "kleiner Nick"

Ulrike Sachweh12. März 2009

Im Augenblick ist er im Pariser Stadtbild kaum zu übersehen: "Le petit Nicolas". Die Figur des inzwischen legendären Zeichners Sempé ist auf Plakaten allgegenwärtig. Der "kleine Nick" feiert seinen 50. Geburtstag.

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Das Buchcover zeigt den kleinen Nick mit einem roten Luftballon (Foto: IMAV Editions / Goscinny - Sempé)
Zehn neue Geschichten mit dem "kleinen Nick" sind daBild: 2008 IMAV Editions / Goscinny - Sempé

Am 29. März 1959 erschien die erste Geschichte des "Petit Nicolas" in der Sonntagsausgabe der Regionalzeitung "Sud-Ouest". Es war der Anfang einer sechsjährigen Serie und einer erstaunlichen Erfolgs-Story. Fast jeder Franzose kennt den pfiffigen kleinen Kerl, der Schlips und kurze Hosen trägt und meistens verschmitzt lächelt. In der Schule ist er nicht der Beste - eigentlich mag er alles, was außerhalb der Schule passiert, sehr viel lieber.

"Ich konnte keine Comics zeichnen"

Schwarz-weiß Foto von Goscinny und Sempé (Foto: IMAV Editions / Goscinny - Sempé)
Die beiden "Väter" des "kleinen Nick"Bild: DR

Der kleine Nick hat gleich zwei "Väter": René Goscinny, der die humorvollen Alltagsgeschichten aus der Kinderperspektive geschrieben hat, und Jean-Jacques Sempé, der die Figuren und Situationen ins Bild gesetzt hat. René Goscinny, der 1977 gestorben ist, ist auch der Vater von "Astérix", der in diesem Herbst ebenfalls 50 wird.

Der Zeichner Sempé ist heute 76 Jahre alt und erinnert sich gut, wenn auch nicht immer gerne, an die Genese des kleinen Nick, dessen Namen er damals gefunden hat: "Ich zeichnete damals für ein belgisches Magazin. Auf Nicolas kam ich, weil ich die Reklame für die Nicolas-Weine gesehen hatte. Dann wollten sie, dass ich daraus einen Comic-Strip mache, doch ich konnte keine Comics machen. Ich habe also René Goscinny um Hilfe gebeten. Wir haben dann entschieden, Erzählungen mit Illustrationen zu machen, so wie man sie heute kennt", erinnert sich Sempé.

Eltern und Kinder lieben Nick

Mehrere Generationen Franzosen sind mit Nick, seiner Familie und seinen Schulkameraden aufgewachsen. Die Geschichten erschienen in den 60er-Jahren auch in Buchform und wurden immer wieder neu aufgelegt. "Ich habe ihn entdeckt, als ich ihn für meine Kinder gekauft habe, und dann bin ich ihm treu geblieben. Meine Kinder sind weg von Zuhause, der kleine Nick ist immer noch da", berichtet ein treuer Fan.

Der kleine Nick ist jenseits jeder Mode, das ist seine Stärke. Daher kommt es, dass die Acht- bis Zwölfjährigen von heute sich in den Geschichten des kleinen Nick wieder finden. Selbst wenn sie Gameboy-Fans sind, im Internet surfen oder "Frankreich sucht den Superstar" im Fernsehen angucken, finden sie hier ihr eigenes Leben wieder - oder zumindest ein idealisiertes Leben. Hier tun die Faustschläge nicht weh und die Streitereien zwischen Papa und Mama führen nicht zur Scheidung.

Immer noch ein Kassenschlager

Kinder lesen mit ihrer Lehrerin (Foto: dpa)
Auch heute noch ist der "kleine Nick" beliebt bei Alt und JungBild: dpa

Aymar du Chatenet und seine Frau Anne Goscinny sind die Urheber einer regelrechten Kleinen-Nick-Renaissance, seit die beiden 2004 einen ersten Band bis dahin unveröffentlichter Geschichten herausgegeben haben. Anne Goscinny hatte sie im Nachlass ihres Vaters aufgestöbert: "Wir hatten eine Erstauflage von 15.000 Exemplaren. Nun sind wir bei einer Million für die beiden Bände", sagt du Chatenet.

Der dritte Band mit zehn völlig unbekannten Geschichten, die noch nicht einmal illustriert waren, ist gerade rechtzeitig zum 50. Geburtstag erschienen. Dabei war Sempé vor fünf Jahren gar nicht so begeistert von der Wiederbelebung seines Strichmännchens: "Ich hatte Angst, dass ich neue Zeichnungen dafür machen muss. Ich konnte gar nicht mehr so zeichnen wie damals. Glücklicherweise konnten sie dann die alten scannen. Aber jetzt, für das neue Buch, habe ich neu gezeichnet, und für den 50. Geburtstag sogar in Farbe", erzählt Sempé.

"Ich fühle mich immer noch als kleiner Junge"

"Der kleine Nick und sein Luftballon" soll Anfang April auch auf Deutsch erscheinen. Der kesse Franzose ist nämlich im Ausland fast genauso beliebt wie in Frankreich: In 30 Sprachen wurde er übersetzt, allerdings heißt er auf Japanisch, Griechisch oder Polnisch etwas anders. Wie in Deutschland übrigens, wo er die meisten Fans hat. Deshalb kennt Sempé selbst auch seinen deutschen Namen: der kleine Nick.

Für den Verleger Aymar du Chatenet lässt sich der weltweite Erfolg ganz einfach erklären: „Alle Kinder dieser Welt erkennen sich in Nicks Klasse wieder. Überall gibt es einen Klassenprimus, einen Klassenletzten, einen Dicken, der dauernd isst. Oder den Raufbold, der sich immer mit den andern schlägt. Die Kinder erkennen sich hier wieder, und die Erwachsenen erinnern sich daran“, sagt du Chatenet.

Und wie man ja weiß: In jedem Erwachsenen schlummert ein kleines Kind. Sempé, der Vater des Petit Nicolas macht da keine Ausnahme: "Zu meinem Leidwesen fühle ich mich immer noch als kleiner Junge. Zu meinem - und zum Leidwesen der anderen."



Die Ausstellung im Pariser Rathaus dauert bis zum 7. Mai. Der Eintritt ist frei. "Der kleine Nick und sein Luftballon" erscheint Anfang April auf Deutsch im Diogenes-Verlag. Am 30. September kommt der Spielfilm heraus. Die Rolle des Vaters spielt Kad Merad, der seit dem Film "Willkommen bei den Sch'tis" auch dem deutschen Publikum bekannt ist.