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Kohleland Polen

Jens Thurau, z.Zt. Posen10. Dezember 2008

Auf der UN-Klimakonferenz in Posen wird über ein neues Welt-Klima-Abkommen verhandelt. Das Gastgeberland Polen setzt bei der Energie fast ganz auf Kohle. Verfeuert wird sie etwa im Kraftwerk "Karolin". Ein Ortsbesuch.

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Kohlebagger (Quelle: DW)
Das Kraftwerk "Karolin" produziert Strom und Wärme für die 500.000 Einwohner-Stadt Posen und UmgebungBild: DW

Kohlehalden, so weit das Auge reicht: Vor den Toren Posens, der Stadt, in der in diesem Jahr die UN-Klimakonferenz stattfindet, wird im Kraftwerk "Karolin" Strom und Wärme für die 500 000 Einwohner-Stadt und die Umgebung erzeugt. Wie fast überall in Polen. Die Energieversorgung des Landes beruht fast ausschließlich auf der Verfeuerung von Kohle. Noch. Denn Janusz Nowak, Direktor des Energieversorgungsunternehmens "Dalkia", das das Kraftwerk betreibt, zeigt den Besuchern noch eine weitere Halde, direkt neben den schwarzen Kohlebergen.

Aller Anfang ist schwer

Janusz Nowak (Quelle: DW)
Janusz Nowak, der Direktor des Energieversorgers "Dalkia"Bild: DW

Kleingemahlene Holzabfälle – unter anderem aus der Möbelproduktion – lagern hier. Bereit, mit der Kohle zusammen verfeuert zu werden. "Noch liegt unser Anteil an Biomasse bei rund fünf Prozent", sagt Nowak. Aber bis 2012 wolle man es auf 25 Prozent bringen. "Wir wissen, dass wir unsere Energiestruktur ändern müssen", sagt der freundliche Direktor. "Aber das schaffen wir nicht von Heute auf Morgen."

Nach der politischen Wende Anfang der Neunziger Jahre haben sich die freien Märkte auch in Polen rasch entwickelt, aber das Bewusstsein, dass auch sanfte Energien wie Sonnen- oder Windstrom oder eben Biomasse sich in Zukunft auszahlen können, kam erst im Laufe der letzten Jahre dazu.

Experten schätzen, dass das Land sein Potenzial bei den erneuerbaren Energien erst zu gut 17 Prozent ausgeschöpft hat. Und die Politik hat die Parole ausgegeben, dass zu engagierter Umweltschutz die Preise für Strom und Heizwärme in die Höhe treiben könnte. Stephan Singer von der Umweltgruppe WWF ist beeindruckt von den Leistungen, die Nowak und seine Kollegen bei "Dalkia" erbringen. Mehr, so Singer, könne man zurzeit von den Polen wohl nicht erwarten. Von den anderen europäischen Staaten aber sehr wohl, wie nicht nur Singer findet.

Nach Euphorie jetzt Ernüchterung

Irgendwie ist es folgerichtig, dass die UN-Klimakonferenz in diesem Jahr in einem Land stattfindet, dass so große Probleme hat, den Sprung ins Solarzeitalter zu schaffen. Ernüchterung bestimmt die Verhandlungen. Anders als vor 12 Monaten, während der Klimakonferenz auf Bali. Damals herrschte Euphorie. Der Kampf gegen den Klimawandel war das Thema des Jahres 2007, der Gipfel der G8-Staaten im deutschen Heiligendamm war davon geprägt, der frühere US-Vizepräsident Al Gore und der Weltklimarat IPCC erhielten den Friedensnobelpreis – für ihr Engagement für das Klima.

Die Konferenz jetzt in Polen steht im Zeichen der Finanzkrise – oder besser in ihrem Schatten. War noch auf Bali beschlossen worden, rasch konkrete Schritte für ein neues internationales Klimaabkommen zu vereinbaren, scheint die Bereitschaft dazu in Posen zu erlahmen. Fatal, denn das Abkommen, das den gegenwärtigen Klimavertrag, das Kyoto-Protokoll, ersetzen soll, muss im kommenden Jahr stehen – auf der Konferenz in Kopenhagen.

Gastgeber steht auf der Klimabremse

Und dabei steht wieder das Gastgeberland im Fokus. Wie andere osteuropäische Staaten auch - etwa Tschechien - will Polen seine kohlelastige Stromversorgung auch künftig von allzu harten Klimaschutzauflagen verschonen. Das hat zum Streit in der EU geführt – und könnte das ehrgeizige Klimaschutzprogramm der Europäer verwässern, dass die Staats - und Regierungschefs eigentlich noch in dieser Woche - zeitgleich mit der Konferenz in Posen – unter Dach und Fach bringen wollen.

Für den UN-Klimaprozess wäre es eine schwere Hypothek, wenn die Europäer, lange Jahre der Vorreiter im Klimaschutz, ihre eigenen Ziele gefährden. Dann würden ihnen auch Schwellen- und Entwicklungsländer wie Indien, China, Südafrika oder Brasilien kaum folgen auf dem Weg zu einem neuen Klimavertrag. Schon hört man aus der deutschen Delegation, dass sich im nächsten Jahr, noch vor der Konferenz in Kopenhagen, vielleicht noch einmal die Staats - und Regierungschefs, am besten der G20, mit dem Klimaschutz befassen, damit die wichtige Konferenz in Kopenhagen nicht schon vor Beginn scheitert. Schon 2007 war der Kampf gegen die Treibhausgase ganz oben angelangt auf der politischen Tagesordnung – beim G8-Treffen in Heiligendamm. Damals schworen alle Staatenlenker, ernst zu machen mit dem Abbau der Treibhausgase – aber damals gab es auch noch keine Finanzkrise.

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