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Klitschko - Karriereende nach Kreuzbandriss

9. November 2005

Weltmeister Vitali Klitschko hat auf seinen geschundenen Körper gehört. Er hat die Box-Handschuhe für immer an den Nagel gehängt und wird vielleicht in die Politik gehen.

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Im Juni 2003 - eine von vielen VerletzungenBild: AP

Nachdem sich die im Training erlittene Knieverletzung, die ihn zur Absage des geplanten WM-Kampfes gegen Hasim Rahman gezwungen hatte, als Kreuzbandriss und Innen-Meniskus-Schaden und damit wesentlich schwerer als zunächst befürchtet herausgestellt hatte, zog der 34-jährige Ukrainer überraschend schnell den Schlussstrich unter seine eindrucksvolle Karriere. Anderenfalls hätte er mindestens sechs Monate pausieren müssen, um anschließend WM-Ausscheidungen zu bestreiten und kleinere Börsen hinnehmen zu müssen.

"In letzter Zeit habe ich mich leider mehr mit meinen Verletzungen als mit meinen Kontrahenten im Ring auseinander setzen müssen. Die Entscheidung, mit dem Leistungssport aufzuhören, ist mir sehr schwer gefallen. Aber ich möchte meine Karriere auf dem Gipfel beenden und mit meinem Rücktritt nun den Weg freimachen für meine Nachfolger", teilte der 2-Meter-Champion vom Krankenbett aus mit und kam damit einer Aberkennung seines WM-Titels zuvor.

Verzicht auf 7,8 Millionen

Als Klitschko am Dienstag (9.11.2005) im kalifornischen Inglewood von Neal Elattrache, dem Direktor der Sportmedizinischen Abteilung der Kerlan-Jobe-Klinik, in die Narkose versetzt wurde, ging er noch von einem leichteren Malheur aus, das sich relativ schnell beheben lassen werde. Tags zuvor hatte ihm Jose Sulaiman, Präsident des Boxverbandes World Boxing Council (WBC), eine Gnadenfrist von 90 Tagen eingeräumt. Binnen dieser Zeit hätte Klitschko wieder fit sein müssen, um den Schwergewichtstitel gegen Rahman zu verteidigen.

Doch als der Weltmeister aus der Narkose erwachte, wurde er mit der bitteren Wahrheit konfrontiert. Nach kurzer Beratung mit Familie, Trainer und Vertrauten fällte er die von ihm kurz zuvor noch für unmöglich gehaltene Entscheidung. "Er war sehr niedergeschlagen", sagte sein persönlicher Berater Bernd Bönte. Trainer Fritz Sdunek hatte seinem Schützling in einem nächtlichen Telefonat zum Karriereende geraten. "Es wird dir keiner übel nehmen. Es zeugt von deinem Charakter, dass du nicht einfach die 7,8 Millionen Dollar für den Kampf abkassiert hast", sagte ihm Sdunek, der mit rund 10 Prozent an der Börse beteiligt gewesen wäre.

Der Gold-Bruder

Gebrüder Klitschko / Kiew / Eurovision Song Contest 2005
Die Klitschko-BrüderBild: DW

Klitschkos in 20 Jahren Leistungssport arg strapazierter Körper wehrte sich immer häufiger gegen die gewaltigen Belastungen: Operation an Schulter (April 2000), Kreuzband im linken Knie (Juli 2001) und Bandscheibe (Juli 2002) sowie Muskelfaserriss und Rückenoperation (April/Juli 2005). Zu den Tiefpunkten zählt auch der nachgewiesene Anabolika-Missbrauch, der dem Sohn einer Lehrerin und eines Luftwaffen-Oberst den Weg zu den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta versperrte.

Für ihn sprang Bruder Wladimir ein und holte Gold. Nun soll der jüngere Klitschko-Bruder auch als Profi in die Bresche springen und für die eigene Vermarktungsgesellschaft Millionen verdienen. Vom früheren Promoter Klaus-Peter Kohl hatte man sich in einem gerichtlichen Streit getrennt. "Wenn er gesund ist, ist er der beste Schwergewichtler zur Zeit", sagte Kohl. "Aber er war oft verletzt, und er wollte nicht mit einer Niederlage abtreten. So ist er ein Held."

Der ehemalige WBO- und scheidende WBC-Weltmeister, der seine Profi-Karriere 1996 im Hamburger Universum-Stall begann und von 37 Kämpfen 35 gewann - davon 34 durch K.o., geht als großer Sympathieträger, aber nicht als herausragender Faustkämpfer in die Box-Geschichte ein. Als ehemaliger Kick-Boxer war der ältere der Klitschko-Brüder ein kantiger, eher hüftsteifer Boxer, der aber über eine gewaltige Schlagkraft sowie enorme Willens- und Nervenstärke verfügte. Mit diesen Fähigkeiten hatte er seinem technisch überlegenen und zeitweise als "komplettester Boxer der Welt" gepriesenen Bruder Wladimir einiges voraus. Ihr größter Traum war, gleichzeitig Weltmeister zu sein. Dieser ist nun unwiderruflich geplatzt.

Als Volksheld in seiner Heimat ist der promovierte
Sportwissenschaftler nun auf dem Sprung, einen Posten im politischen Leben der Ukraine zu übernehmen. "In Zukunft möchte ich mich in meiner Heimat, der Ukraine, verstärkt sozialen und gesellschaftspolitischen Herausforderungen stellen", erklärte er. (kas)