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Koalition segnet Elterngeld und Reichensteuer ab

2. Mai 2006

Das Elterngeld kommt für maximal 14 Monate – steuerfrei. Darauf haben sich SPD und CDU nach monatelangem Streit geeinigt. Auch die Reichensteuer wird Wirklichkeit. Verfassungsrechtlich steht sie aber auf wackligen Füßen.

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Wenn auch der Vater eine Babypause nimmt, gibt's mehr Geld vom StaatBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Das Elterngeld soll vom 1. Januar 2007 an gezahlt werden – und zwar zunächst für zwölf Monate. Der Elternteil, der als erster im Job pausiert, bekommt so lange 67 Prozent seines bisherigen Netto-Gehalts. Wenn auch der andere Partner mindestens acht Wochen Babypause nimmt, wird das Elterngeld als Bonus zwei Monate länger gezahlt – die so genannten "Partnermonate".

Der 300-Euro-Notanker

Glückliche Eltern beim Picknicken auf einer Wiese
Das Elterngeld soll jungen Menschen die Entscheidung für Kinder leichter machenBild: dpa

Ob beide je sieben Monate ihren Job unterbrechen oder die Zeit anders aufteilen, bleibt den Paaren überlassen. Nehmen Vater oder Mutter die zwei Extramonate aber nicht und der Partner bleibt entsprechend länger zuhause, gibt es für die beiden Monate jeweils noch 300 Euro.

Die Höhe des Elterngeldes ist allerdings auf 1800 Euro pro Monat begrenzt. Eltern, die nichts oder nur sehr wenig verdienen, sollen den Mindestbetrag von 300 Euro monatlich bekommen. Und Alleinerziehenden zahlt der Staat wegen der hohen Belastung das Elterngeld volle 14 Monate lang. Wer dagegen neben der Kinderbetreuung mehr als 30 Stunden arbeitet, erhält kein Elterngeld.

Anreiz fürs "Wickel-Volontariat"

Vater mit Kinderwagen
Die Vatermonate waren als 'Wickel-Volontariat' in der CDU lange umstrittenBild: Bilderbox

Diese "12 + 2"-Lösung ist ein Kompromiss. Ursprünglich sollte das Elterngeld nur bis zu zehn Monate lang gezahlt werden, plus die zwei umstrittenen "Vätermonate", das "Wickel-Volontariat". Die CSU sah darin eine Benachteiligung von klassischen Einverdiener-Familien und setzte die Ausweitung auf zwölf Monate durch.

Trotz der längeren Zahlung soll der Finanzrahmen von 3,87 Millionen Euro im Jahr nicht gesprengt werden. Das Elterngeld wird aus Steuermitteln finanziert.

Aufschlag ist Privat-Sache

Auch die Reichensteuer kommt zum 1. Januar 2007, obwohl die CDU sie lieber hätte unter den Tisch fallen lassen. Dann müssen Top-Verdiener, die jährlich mindestens 250.000 Euro bekommen (bei Ehepaaren: 500.000 Euro), mehr Einkommensteuer zahlen – nämlich 45 statt 42 Prozent.

Maybach 57
Wer im Luxus lebt, soll mehr zahlen: Die Reichensteuer trifft Top-Verdiener ab 250.000 Euro Jahreseinkommen - aber keine FirmenBild: dpa

Gewerbliche Einkünfte sollen aber nicht unter die Reichensteuer fallen. Darauf hatte die Union bestanden. Diese Ungleichbehandlung sei verfassungswidrig, findet der Bund der Steuerzahler. Die Koalition will den Konflikt dadurch lösen, dass sie noch vor der Sommerpause Eckpunkte für eine Reform der Unternehmensbesteuerung beschließt. Darin soll geregelt sein, wie die Reichensteuer für Unternehmen umgesetzt wird.

Paradigmenwechsel oder Taschenspielertrick?

Familienministerin Ursula von der Leyen
Familienministerin Ursula von der Leyen: 'Kindererziehung ohne finanziellen Druck'Bild: AP

Die Regierungsparteien haben sich nach ihrer Einigung zufrieden gezeigt. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach von einem "Paradigmenwechsel in der Familienpolitik". Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte: "Väter und Mütter können sich ohne finanziellen Druck Zeit für die Kindererziehung nehmen."

Die katholische Kirche hat das Elterngeld-Konzept der Koalition begrüßt. Der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten, sprach von einem "geeigneten Schritt" zur Vermeidung einer sozialen Schieflage. Auch das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland begrüßte die Einigung, forderte aber zusätzlich ein umfassenderes Betreuungsangebot für unter Dreijährige.

Renate Künast für Frauengalerie
Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen, warnt vor 'Taschenspielertricks'Bild: dpa zb
Die Opposition dagegen kritisierte die Einigung. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte, beim Beschluss zum Elterngeld gebe es "jede Menge Taschenspielertricks", so dass später ein weiterer Griff in die Taschen der Steuerzahler zu befürchten sei. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte die Reichensteuer als blanken Populismus. Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, sagte, die Reichensteuer sei nur ein Trostpflästerchen für die SPD. (reh)