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Koalition streitet über Flüchtlingspolitik

29. August 2016

In der Flüchtlingspolitik tun sich neue Gräben in der schwarz-roten Koalition auf. Kanzlerin Merkel muss sich gegen zwei Seiten verteidigen - denn SPD-Chef Gabriel macht sich die Kritik von CSU-Chef Seehofer zu eigen.

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Angela Merkel im ARD-Interview (Foto: dpa)
Tritt Angela Merkel 2017 noch einmal zur Wahl an? Im ARD-Sommerinterview ließ sie es offenBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik verteidigt und sich gegen Kritik von SPD-Chef Sigmar Gabriel gewehrt. "Wir haben alles gemeinsam beschlossen", sagte Merkel im ARD-Sommerinterview. Sie wolle sich nicht daran beteiligen, "zu sagen, wer hat wo mehr Bedenken gehabt".

Vizekanzler Gabriel ging auf Distanz zu Merkel. Er warf der Union eine Blockadehaltung bei der Integration von Flüchtlingen vor. Sie habe die Herausforderung unterschätzt. Im ZDF-"Sommerinterview" erklärte der SPD-Chef, es reiche nicht, wie Merkel ständig zu sagen: "Wir schaffen das." Die Kanzlerin und die Union müssten "die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir es auch hinkriegen. Und das hat die CDU/CSU immer blockiert."

SPD-Chef Sigmar Gabriel (Foto: Getty)
SPD-Chef Sigmar GabrielBild: Getty Images/S. Schuermann

In Berlin verteidigte Gabriel sogar CSU-Chef Horst Seehofer und dessen umstrittene Forderung nach einer Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme. Er betonte, das Asylrecht kenne zwar keine Obergrenze - so wie Merkel es gesagt habe. Aber auch Seehofer habe Recht. "Es gibt natürlich so etwas wie eine Obergrenze, das ist letztlich die Integrationsfähigkeit des Landes."

"Brutal gegeneinandergestellt"

Gabriel beklagte, die beiden Positionen von Merkel und Seehofer seien in der Flüchtlingsdebatte "brutal gegeneinandergestellt" worden. Die SPD habe versucht, sich nicht in diese Pole hineinzubegeben, sondern früh für Flüchtlingskontingente zu werben, sei damit aber nicht durchgedrungen. "Ich werfe mir auch vor, mir persönlich, dass ich das nicht noch stärker gemacht habe", sagte er. Der SPD-Chef warb erneut dafür, der Türkei über Kontingente eine bestimmte Zahl von Flüchtlingen abzunehmen, und sagte: "'Kontingente' ist, ehrlich gesagt, ein anderes Wort für 'Obergrenze'."

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (Foto: dpa)
Bayerns Ministerpräsident Horst SeehoferBild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth

Merkel verteidigte ihre Flüchtlingspolitik gegen Gabriels Blockadevorwürfe. In den vergangenen Monaten sei sehr viel Geld in die Hand genommen worden, die Politik habe zudem viel getan, um die Sicherheit in Deutschland zu verbessern. "Wir haben alles gemeinsam beschlossen. Wir haben auch vieles sehr, sehr schnell beschlossen." Daran könne man ja "sehen, was wir alles erreicht haben".

"Unablässig gearbeitet"

Heute stehe Deutschland ganz anders da als vor einem Jahr: Unter anderem gebe es ein Integrationsgesetz, die Kommunen seien entlastet worden, es seien härtere Regeln für Menschen ohne Bleibeperspektive eingeführt worden. "Wir haben unablässig gearbeitet." Nun sei es wichtig, etwa Maßnahmen für die innere Sicherheit in den nächsten Wochen wieder gemeinsam zu beschließen, sagte Merkel, die einräumte: "Ich sage deutlich: es gibt auch Weiteres zu tun."

Ihren umstrittenen Satz - "Wir schaffen das" - verteidigte Merkel erneut. Sie habe diese Worte gesagt "in Anbetracht einer erkennbaren großen Aufgabe". Dahinter stehe die Motivation: "Wir schaffen das und wo uns etwas im Wege steht, da müssen wir das überwinden". Trotz des Widerstands bei zahlreichen EU-Partnern hält Merkel auch an einem Quotensystem zur Verteilung der Flüchtlinge in der EU fest.

Erneute Kandiatur offen

Ob sie 2017 eine vierte Kanzlerschaft anstrebt, ließ Merkel weiter offen. "Ich sage es noch mal: Ich sag's zum gegebenen Zeitpunkt", antwortete sie auf die Frage, ob sie ihre Entscheidung vor dem CDU-Parteitag im Dezember bekanntgeben werde. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge will sie sich bis zum Frühjahr kommenden Jahres Zeit lassen. Der späte Termin sei notwendig, weil CSU-Chef Seehofer erst dann entscheiden wolle, ob seine Partei Merkel wieder unterstütze, berichtete das Magazin unter Berufung auf CDU-Kreise.

stu/haz (afp, dpa, rtr)