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Koalition wegen Panzer-Deal unter Feuer

5. Juli 2011

Je länger die Bundesregierung zur Leopard-II-Lieferung an Saudi-Arabien schweigt, desto größer wird der Zorn von Opposition wie auch Koalitionären. Nun wird das geheim ausgehandelte Geschäft zum Thema im Bundestag.

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Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A7 auf einem Testgelände (Foto: dpa)
Ein Kampfpanzer vom neuen Typ Leopard 2A7 auf einem TestgeländeBild: KMW/dpa

Die Pläne zur Lieferung von 200 deutschen Leopard-II-Panzern nach Saudi-Arabien sorgen nun auch in den Reihen der schwarz-gelben Koalition für Kritik. Der Fraktionsgeschäftsführer von CDU/CSU im Bundestag, Peter Altmaier, bestätigte, dass es in seiner Partei "verschiedene Auffassungen" zu dem Geschäft gebe. Weitere Auskunft über einen vermeintlichen Streit innerhalb der Fraktionsspitze lehnte er jedoch ab.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach immerhin von einem "sehr sensiblen Thema" und riet dazu, die mögliche Ausfuhr "sehr genau anzusehen". Ähnlich äußerte sich die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder (CDU), unterstützt das Vorgehen der Bundesregierung hingegen klar: "Sollte es tatsächlich zur Panzer-Lieferung nach Saudi-Arabien kommen, so ist das eine realpolitische Entscheidung, die in einem Abwägungsprozess zu fällen ist", sagte er der "Rheinischen Post" in Düsseldorf.

"Panzerexport sehr sensibel handhaben"

Kanzlerin Merkel bei einem Treffen mit dem saudischen König Abdullah im Mai 2010 in Dschidda (Foto: AP)
Sind für ein gutes Verhältnis Panzer notwendig? Kanzlerin Merkel und der saudische König Abdullah 2010 in DschiddaBild: AP

Auch bei den Liberalen gibt es zumindest Nachdenklichkeit angesichts des Waffendeals. Mit Blick auf die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt müsse ein Panzerexport nach Saudi-Arabien "sehr sensibel" gehandhabt werden, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff. Sie erwarte, dass es dafür genügend Argumente gebe. Der ehemalige Parteichef Wolfgang Gerhardt verlangte, wie auch die Opposition, Aufklärung von der Regierung.

Offiziell liegt weiterhin keine Bestätigung für das Milliardengeschäft vor. Nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" gab der geheim tagende Bundessicherheitsrat vergangene Woche aber bereits grünes Licht. In Regierungskreisen wurde der Darstellung nicht widersprochen. Auch für Berichte aus Saudi-Arabien, wonach die ersten Panzer bereits geliefert seien, gab es keine Bestätigung. Experten schätzen den Wert des Geschäfts auf mindestens 1,7 Milliarden Euro. Die Militärfahrzeuge werden von den deutschen Konzernen Kraus-Maffei Wegmann und Rheinmetall gebaut. Beteiligt sind zudem zahlreiche Zulieferer.

"Koalition hat rote Linie überschritten"

Anti-Regierungsproteste in Bahrains Hauptstadt Manama Mitte Februar 2011 (Foto: AP)
Anti-Regierungsproteste in Bahrain konnten nur mit saudi-arabischer Militärhilfe niedergeschlagen werdenBild: AP

Aus der Opposition kommt weiter scharfe Kritik. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, eine Genehmigung für solch eine Lieferung trage nicht zur Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik bei. Der frühere Außenminister erinnerte daran, dass bisher wegen der labilen Lage im Nahen Osten und der Sicherheitsinteressen Israels keine Panzer an Saudi-Arabien geliefert worden seien. Der Faktionsvorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi, wies darauf hin, dass die Bundesregierung Panzer an ein undemokratisches Regime liefere, in dem Folter und Hinrichtungen praktiziert würden. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, warf der schwarz-gelben Koalition vor, eine "rote Linie" überschritten zu haben. Die Demokratiebewegungen im Nahen Osten und im Norden Afrikas bräuchten Unterstützung, nicht die herrschenden Regimes, so Künast. Das autoritär regierte Saudi-Arabien hatte jüngst bei der Niederschlagung von Protesten im Golf-Staat Bahrain mitgeholfen.

Auf Antrag der Opposition wird sich der Bundestag an diesem Mittwoch (06.07.2011) mit dem Thema befassen. In der Aktuellen Stunde soll dann auch die Regierung Auskunft geben. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler betonte, es sei das Recht des Parlaments, Auskunft zu verlangen von der Bundesregierung. Dagegen halten Kanzlerin Angela Merkel und ihre Kabinettskollegen eisern an ihrer sich selbst verordneten Sprachlosigkeit zum Thema Panzer für Saudi-Arabien fest. Das einzige, was Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) über die Lippen kam, war der Satz: "Der Bundessicherheitsrat tagt geheim, und dabei bleibt es."

Autor: Stephan Stickelmann (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Ursula Kissel