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Terror-Ausbildung

Richard A. Fuchs29. Januar 2009

Der Besuch von Terrorcamps soll künftig unter Strafe stehen, sagt die Regierungskoalition in Berlin – jedenfalls wenn die Betreffenden Anschläge verüben wollen. Absicht ist aber schwer nachzuweisen, so die Opposition.

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Osama bin Laden
Terror-Ausbildung im Lager von Osama bin Laden soll strafbar werdenBild: picture-alliance / dpa

Freiheit oder Sicherheit – na was denn nun? Auch die Bundestagsdebatte am Donnerstag (29.01.2009) mit dem etwas sperrigen Titel "Gesetzentwurf zu neuen Straftatbeständen im Staatsschutzstrafrecht" brachte da wenig Erhellendes. Geht es nach Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), dann gehört ein neuer Paragraph ins Strafgesetzbuch, nämlich 89a und 89b. Drin stehen sollte, dass bereits die Vorbereitung einer Gewalttat und die nachgewiesene konkrete Absicht, diese auch umzusetzen, strafbar sein soll. Das hieße mehr Sicherheit – aber hieße das gleichzeitig auch weniger Freiheit?

Absicht und Vorbereitung sollen strafbar werden

Brigitte Zypries (Quelle: AP)
Justizministerin Brigitte ZypriesBild: AP

In der Praxis würde das bedeuten: Verschafft sich jemand die Grundstoffe für Bombenbau, lässt er sich zum Piloten oder zum Kämpfer in einem Terrorcamp ausbilden oder nimmt er mit einer terroristischen Vereinigung Kontakt auf, um Morde zu planen, schon dann soll der Staat ihn bestrafen dürfen. Das Strafmaß: Planung von Terroranschlägen, bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Ausbildung zum Terroristen, mit fester Absicht Anschläge zu verüben: bis zu zehn Jahre Haft. "Niemand soll wegen seiner Überzeugung oder Meinung bestraft werden", versucht Bundesjustizministerin Brigitte Zypries alle Freiheitsliebenden zu beruhigen. "Nur wer den Vorsatz gefasst hat, einen Bombenanschlag zu verüben, und sich deshalb ausbilden lässt, um diesen Anschlag dann begehen zu können, der stellt eine Gefahr für unsere Bürgerinnen und Bürger dar", konkretisiert sie ihren Entwurf.

Doch zu welchem Zeitpunkt darf der Staat anfangen, Terrorplanungen zu bestrafen, die weder versucht noch bereits in die Tat umgesetzt wurden? Im Kern dreht es sich dabei um die juristische Frage der Vorfeldstrafbarkeit. Die Angriffe der Opposition, wer Vorbereitungen bestrafe, mache die Gesinnung von Menschen strafbar, ließ der rechtspolitische Sprecher der CDU, Jürgen Gehb, dennoch nicht gelten. "Auch heute schon sind Vorbereitungshandlungen ein fester Bestandteil der Strafordnung", sagt Gehb. Er musste aber einräumen, dass die vorliegende Gesetzesinitiative zumindest "kritisch auf Kante genäht ist".

Wie lässt sich Terrorabsicht beweisen?

Auf "Kante genäht" vielleicht auch deshalb, erwiderte Jörg van Essen, parlamentarischer Geschäftsführer der oppositionellen Liberalen, weil Richter nach diesem Gesetzentwurf Tätern eine konkrete Terrorabsicht hieb- und stichfest beweisen müssten. "Wenn etwas schwer nachzuweisen ist", sagte van Essen im Laufe der Bundestagssitzung, "dann ist es natürlich insbesondere die Absicht, besonders wenn sie so nebulös daherkommen darf wie in dem vorliegenden Gesetzentwurf."

Laut Regierungs-Koalition soll mit der Gesetzesinitiative eine Lücke im Strafgesetz geschlossen werden. Denn bislang könne ein möglicher Terrorist nur dann verurteilt werden, wenn er einer mindestens dreiköpfigen Terrorzelle angehört. Einzeltäter oder lose Terrornetzwerke fielen bislang in eine juristische Grauzone. Ein Argument, dass Wolfgang Wieland von den oppositionellen Grünen nicht gelten lässt. Sein Vorwurf: "Sie wollen die Vorbereitung der Vorbereitung unter Strafe stellen", warf er Justizministerin Zypries und dem nicht anwesenden Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor. "Bei Ihnen soll die Strafe nicht auf die Tat folgen, bei Ihnen soll die Strafe der Tat zwei Schritte voraus sein." Ein Gesinnungsstrafrecht sei das, was mit der Opposition so nicht zu verabschieden sei.

Auch der Bundesrat entscheidet mit

Und da war sie wieder, die Frage die jeden Beobachter der Bundestagsdebatte mit der Drucksache 16/11735 beschlich: Wer hat nun eigentlich gewonnen – die Freiheit oder die Sicherheit? Die Parlamentarier blieben in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs die Antwort schuldig. Antworten könnten dagegen von der zweiten Gesetzgebungskammer kommen, dem Bundesrat. Würde das Gesetz die erste Hürde überstehen, könnte das Gesetz dann an mangelnden Mehrheiten scheitern. Und wird es tatsächlich Gesetz, dann ist da immer noch eine weitere Bundesinstitution, wo noch einmal über Freiheit und Sicherheit diskutiert werden dürfte – das Bundesverfassungsgericht.