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Hoffnung für den Libanon?

Rainer Sollich16. Mai 2008

Nach der Zuspitzung der Lage im Libanon hat die Arabische Liga erfolgreich vermittelt. Aber kann dieser Erfolg von Dauer sein? Rainer Sollich kommentiert.

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Bild: DW

Die Arabische Liga wird immer wieder zu Recht als machtlos kritisiert. Diesmal jedoch muss man ihr einen Achtungserfolg bescheinigen: Sie hat erreicht, dass die verfeindeten Parteien im Libanon zumindest erst einmal verbal abgerüstet haben und nun beteuern, auf weiteren Gewalteinsatz verzichten zu wollen. Bereits von Freitag (16.5.) an wollen sie in Katar miteinander über eine Lösung des libanesischen Dauer-Konflikts verhandeln.

Diese Verhandlungen dürften allerdings schwierig werden - und das nicht nur, weil es bereits am Donnerstagabend zu einem neuen Gewaltausbruch kam. Das Ziel der Hisbollah und ihrer Verbündeten ist es, über alle Entscheidungen des Landes mitzubestimmen. Ein Wunsch, der prinzipiell durchaus legitim ist - denn das Oppositionsbündnis aus Hisbollah und anderen Gruppierungen hat einen beträchtlichen Teil der libanesischen Bürger hinter sich, vor allem die große Mehrheit der Schiiten, die überhaupt nicht in der derzeitigen Regierung repräsentiert sind, obwohl sie nach allen Schätzungen die stärkste Bevölkerungsgruppe sind.

Ein gleichberechtigtes Mitspracherecht der Hisbollah würde den Libanon allerdings wohl auch dem pro-westlichen und pro-saudischen Lager herauslösen und stärker in den Einflussbereich des nach regionaler Machtausdehnung strebenden Iran und der ehemaligen Besatzungsmacht Syrien bringen - was weder für die derzeitige Regierung noch für ihre Verbündeten USA und Frankreich akzeptabel sein dürfte. Eine gleichberechtigte Machtbeteiligung der Hisbollah würde zudem wohl bedeuten, dass die schlagkräftige Schiiten-Miliz dauerhaft ihre Waffen behalten und dem Land ihren israelfeindlichen Kurs aufzwingen kann.

Siegreiche Hisbollah

Es wäre naiv, auf Seiten der Hisbollah substantielle Kompromissbereitschaft zu erwarten. Nicht nur, dass sie es bisher bestens versteht, aus dem Kampf gegen Israel einen großen Teil ihrer Popularität zu beziehen. Sie ist auch bei den jüngsten gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Anhängern des Regierungslagers eindeutig als Siegerin vom Platz gegangen. Auslöser des Konflikts waren die Absetzung eines der Hisbollah nahestehenden Sicherheitschefs am Beiruter Flughafen und das angekündigte Vorgehen gegen das Telekommunikationsnetz der Hisbollah. Beide Entscheidungen musste die Regierung kleinlaut zurücknehmen, nachdem bestens organisierte Hisbollah-Kämpfer in Beirut praktisch im Handumdrehen ganze Stadtviertel erobern konnten.

In Katar soll nun über die schon seit einem halben Jahr anstehende Wahl eines neuen libanesischen Präsidenten, über die Bildung einer Einheitsregierung und über ein neues Wahlgesetz diskutiert werden. Eine erfolgreiche Präsidentenwahl könnte dabei noch am ehesten zu erreichen sein - denn im Prinzip haben sich die Konfliktparteien längst auf Armeechef Michel Suleiman als Kompromisskandidaten verständigt. Die Themen Einheitsregierung und Wahlgesetz jedoch berühren ganz unmittelbar die heikle Machtbalance im multikonfessionellen Libanon. Und damit auch das alte Problem des Landes: nämlich die Verstrickung der Interessen traditionell stark politisierter Bevölkerungsgruppen, die sich gegenseitig misstrauen, mit den regionalen Interessen auswärtiger Patronage-Mächte wie Syrien und Iran einerseits - sowie Saudi-Arabien, USA und Frankreich andererseits. Dass die libanesischen Politiker sich von diesen Einflüssen emanzipieren und gemeinsam zu einer tragfähigen innerlibanesischen Lösung kommen könnten, darauf wagt man auch jetzt leider kaum zu hoffen.