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AfD im Aufwind? Selbst schuld!

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
1. Mai 2016

Die AfD dürfte ein Player in der deutschen Politik bleiben. Etablierte Parteien hatten gehofft, dass sich die AfD radikalisiert und damit selbst ausbremst. Nicht nur das war ein Fehler, meint Kay-Alexander Scholz.

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AfD-Vorsitzende Frauke Petry beim Parteitag in Stuttgart (Foto: Reuters/W. Rattay)
Bild: Reuters/W. Rattay

Ein kurzer Rückblick: Entstanden ist die AfD während der Euro-Krise. Als sich dieser Sturm etwas gelegt hatte und sich die Partei zudem auch noch gespalten hatte, rutschte die AfD in Umfragen ab - auf nur noch drei oder vier Prozent Zustimmung. Damals, im Sommer 2015, war völlig offen, ob die AfD überleben würde.

Dann kam die Flüchtlingskrise. CDU, SPD, Grüne und Linke verfingen sich in der Willkommenskultur. Das wirkte in der Bevölkerung wie ein Katalysator auf eine Stimmung, die sich gegen die offizielle Politik richtete und schon länger in vielen Milieus gegärt hatte. Nun lief das Fass über, die AfD konnte daran andocken und ihre Umfragewerte stiegen wieder.

Viele Politiker hofften, die AfD werde schon wieder von alleine verschwinden. Warnende Stimmen von Journalisten und Demoskopen wurden ignoriert - die Arroganz der Macht.

Der Phase der doppelten Ignoranz - gegenüber den Sorgen der Bevölkerung und dem Aufstieg der neuen Partei - folgte die der Verteufelung der AfD. Auch dadurch verkehrte sich die Intention in ihr Gegenteil: Die Partei rückte in einen Opferstatus, die Umfragewerte stiegen weiter.

Weiter auf Erfolgskurs

Und nun: Die AfD scheint einen regelrechten Bonus bei den Wählern zu haben. Selbst die Diskussion um den Schießbefehl bewirkte keinen Einbruch bei den Stimmen. Auf Schulhöfen im Osten Deutschlands hat die AfD inzwischen ein Räuber-Image. Heimlich werden auf Pausenhöfen Infos ausgetauscht. Eltern und die öffentliche Meinung ticken anders. Aber "verbotene" Früchte schmecken besonders süß. Hier wächst vielleicht eine Jugend heran, die mit der AfD sozialisiert wird, so wie eine frühere Generation mit der Grünen-Bewegung.

Die strategischen Fehler trafen auf die politische Entwicklung der vergangenen Jahre: Im Meinungsspektrum war auf der rechten Seite eine Lücke entstanden, da sich die CDU/CSU auf die politische Mitte fokussiert hatte. Die AfD nutzte diese Chance und sprach verlorene Konservative an. Diese erweisen sich inzwischen entweder als ziemlich AfD-treu oder outen sich als Fan. Denn noch immer gibt es für viele keine Alternative zur "Alternative für Deutschland".

Kay-Alexander Scholz (Foto: DW/S. Eichberg)
DW-Redakteur Kay-Alexander ScholzBild: DW/S. Eichberg

Neue Volkspartei?

Die Konkurrenz erwartete vom Parteitag in Stuttgart einen Rechtsruck, der so weit geht, dass die AfD aus dem demokratischen Spektrum rutscht oder dass sich die Führung der Partei zerlegt. Doch der Parteitag hat gezeigt: Diese Hoffnungen werden erst einmal enttäuscht. Einen Aufstand gab es nicht. Programmatische Verschärfungen des neuen, vergleichsweise moderaten Grundsatzprogramms zum Beispiel beim Thema Islam, Zuwanderung oder Abtreibung fanden keine Mehrheiten. Interessanterweise war es die Parteijugend, die sich für einen noch radikaleren Kurs aussprach.

Dazu kommt Rückenwind aus Europa. Der AfD ähnliche Parteien befinden sich in vielen europäischen Ländern im Aufwind. Die klassischen Volksparteien dagegen verlieren an Zustimmung.

Wenn das alles so weitergeht, dann gibt es in Deutschland in einigen Jahren zwei neue Volksparteien: die Grünen und die AfD. Aber vielleicht haben Union und SPD ja noch einige gute Ideen auf Lager, was nun zu tun ist. Aus Fehlern kann man ja lernen.