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Politik

Interessen und Differenzen

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Fabian von der Mark
23. Mai 2018

Iran, Handel, Klima - aufgrund von Trumps Konfrontationskurs steht Deutschland plötzlich an der Seite von China. Die Weltpolitik darf aber über Differenzen nicht hinwegtäuschen, meint Fabian von der Mark.

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G20 Gipfel in Hamburg | Trump & Jinping & Merkel
Ein Bild vom G20-Gipfel 2017 mit Symbolkraft: der chinesische Präsident zwischen Donald Trump und Angela MerkelBild: Reuters/K. Nietfeld

Angela Merkels Besuch in China wirkt wie eine Reise zu einem neuen besten Freund. Da begegnen sich zwei Wirtschaftsmächte, die gerade Angriffe auf ihre Interessen abwehren müssen. Deutschland und China drohen Milliardenverluste, weil Amerika Sanktionen gegen den Iran verhängt und den freien Welthandel mit Zöllen und anderen Schranken behindern will. In so einer Lage braucht man doch mächtige Freunde!

Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik?

Tatsächlich ist Trumps Aufkündigung des Iran-Abkommens für Deutschland ein Einschnitt. Der enge Verbündete USA ignoriert gleichermaßen die europäischen Sicherheits- wie Wirtschaftsinteressen. Angela Merkel hatte die europäische Sicht erfolglos vorgetragen. Jetzt steht Deutschland mit der EU an der Seite von Russland und China. Eine Chance zur Vertiefung der Beziehungen zu Peking, gar eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik?

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Fabian von der Mark ist Hauptstadtkorrespondent

Das gewiss nicht, aber Angela Merkel muss sich jetzt international auf etwas einlassen, worauf sie schon national keine Lust hatte: Sie muss Politik mit wechselnden Partnern machen. Ohne den festen Anker USA muss sie ad hoc Bündnisse schmieden - je nach Thema eben auch mit China. Deutsche Diplomaten sprechen deshalb nicht von neuen Achsen, sondern von "Interessensparallelen", die sich ergeben. In der Iran-Frage jetzt eben mit China, dem größten Öl-Abnehmer des Iran.

Die EU mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich, dazu Russland und China - zeigt sich in der Iran-Frage eine mächtige Anti-Trump-Koalition? Angela Merkel wird auch in Peking diese Karte nicht spielen, wird aber mit ihr reizen. Wie schon in Washington, Moskau und beim jüngsten EU-Gipfel in Sofia wird sie die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen herausstellen und gleichzeitig betonen, dass Deutschland mit seinem Festhalten an internationalen Absprachen und Regeln nicht alleine steht.

Was für Deutschland wichtig ist

Das Eintreten für abgeschlossene Verträge wird aber nicht nur im Ferndialog mit den USA Thema sein. Auch ihren chinesischen Gesprächspartnern muss Merkel klar machen, was Deutschland erwartet. Sie muss klar machen, dass deutsche Patente und Firmengeheimnisse nicht gebrochen werden dürfen. Sie muss darauf pochen, dass deutsche Unternehmen in China die gleichen Rechte bekommen, wie sie chinesische in Deutschland haben. Beim Marktzugang darf es nicht zweierlei Maß geben.

So groß die Gemeinsamkeiten weltpolitisch gerade auch sein mögen: Deutschland darf die eigenen Interessen nicht vergessen und muss weiterhin seine Werte formulieren. Denn China ist nicht nur wirtschaftliche zunehmend ein Rivale, auch die Gesellschaftsmodelle konkurrieren. Mit Blick auf Rechtsstaat, Menschenrechte oder Pressefreiheit ist aber ganz klar: China ist meilenweit entfernt von demokratischen Standards, wie sie Deutschland von seinen wirklich engen Freunden erwartet.

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