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Wahlkampf-Endspurt

Christina Bergmann, Washington DC23. Oktober 2012

Die letzte Fernsehdebatte vor der US-Wahl war von der Außenpolitik geprägt. Doch was die Bürger wirklich bewegt, ist die Wirtschaftspolitik. Und das wissen die Kandidaten auch ganz genau, meint Christina Bergmann.

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Zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl bleibt das Rennen offen. In den Umfragen liegen Amtsinhaber Barack Obama und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney Kopf an Kopf. Das zeigt vor allem eins: Die Nation ist nach wie vor tief gespalten über die Richtung, die das Land einschlagen soll. Dabei liegen die Kandidaten vor allem in der Außenpolitik gar nicht so weit auseinander, was sich in der dritten und letzten Fernsehdebatte zeigte.

Christina Bergmann, USA-Korrespondentin der DW (Foto: DW)
Christina Bergmann, USA-Korrespondentin der DWBild: DW

Mitt Romney war in Boca Raton vor allem darum bemüht, nicht als kriegslüstern dazustehen und sich als souveräner Landesschef zu präsentieren. Deswegen war er gegenüber dem Präsidenten weniger angriffslustig und schraubte seine Rhetorik herunter. Außerdem rückte er mit seinen Positionen in die Mitte - eine Taktik, die er schon in der ersten Debatte erfolgreich angewendet hatte, damals zur offensichtlichen Verblüffung des Präsidenten. So erklärte der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, er wolle China zwar einerseits wegen der massiven Verstöße gegen Handelsabkommen anklagen, andererseits aber gerne als Partner sehen. Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad will Romney wegen "Genozid" anklagen, aber ein militärisches Eingreifen lehnt er ab und fordert stattdessen noch striktere Sanktionen. Er ist dabei von der derzeitigen US-Außenpolitik nicht weit entfernt.

Viele Fragen bleiben offen

Wie die Debatten zuvor brachte auch dieses Aufeinandertreffen der Kandidaten wenig neue Erkenntnisse in den Details. Noch immer hat der Präsident nicht erklärt, wie es dazu kommen konnte, dass den Anforderungen aus Bengasi, das Sicherheitspersonal der US-Vertretung dort zu verstärken, nicht nachgegeben wurde. Bei einem Angriff auf das US-Konsulat vor wenigen Wochen war der amerikanische Botschafter getötet worden.

Ideen oder Initiativen, die den Nahostkonflikt einer Lösung näher bringen könnten, kann keine Seite vorweisen, und Mitt Romney will die US-Truppen aus Afghanistan bis Ende 2014 abziehen, wie es der Präsident und die NATO-Staaten geplant haben.

Der Unterschied zwischen beiden Kandidaten liegt auf dem Feld der Außenpolitik vor allem in der Rhetorik: Mitt Romney will ein starkes Amerika, das international die Führung übernimmt und die Bildung stabiler demokratischer Staaten vorantreibt, in der arabischen Welt und in Pakistan. Präsident Obamas Politik ist auf internationale Allianzen ausgerichtet, und die Nation, die er vor allem bilden will, ist die eigene.

Letztlich entscheidet die Wirtschaftspolitik

In der Debatte wurde aber noch etwas anderes deutlich: Außen- und Sicherheitspolitik sind nicht das, was die Wähler interessiert, und beide Seiten wissen das. Nach einer Umfrage vom Oktober erklärten 37 Prozent der Amerikaner, die Wirtschaftslage sei das dringendste Problem im Land, 26 Prozent nannten die hohe Arbeitslosigkeit, die derzeit bei 7,8 Prozent liegt. Es folgen: das Haushaltsdefizit und eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierung. Erst weit hinten werden außenpolitische Themen genannt. Zum Vergleich: 2004 stand der Krieg im Irak mit 23 Prozent noch an der Spitze der Liste. Amerika ist derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt.

So ist es nicht verwunderlich, dass Mitt Romney die Diskussion immer wieder auf innenpolitische Themen lenkte: die schlechte Wirtschaftslage, die hohe Arbeitslosigkeit, die Gesundheitsreform, das Bildungswesen. Denn hier liegt der fundamentale Kontrast zum Präsidenten: Während Romney die Rolle des Staates klein halten und das Land mit Hilfe der freien Wirtschaft wieder auf die Füße bringen will, sieht Präsident Obamas Plan vor, den Anschub mit staatlicher Hilfe zu erreichen.

Kein Geld für außenpolitische Eskapaden

Die Nation ist unentschieden, welcher Variante der Vorzug zu geben ist. Und diese Unentschlossenheit wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass keine der beiden Parteien in Washington das alleinige Sagen haben wird, was die Lösung der Wirtschaftsprobleme erschweren wird. Ein Präsident Obama würde auch in seiner zweiten Amtszeit einem republikanisch dominierten Repräsentantenhaus gegenüber stehen, ein Präsident Romney würde aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer demokratischen Mehrheit im Senat umgehen müssen.

Wenn Mitt Romney also jetzt verspricht, mehr Geld für das Pentagon bereit stellen zu wollen und mehr Schiffe zu bauen, wenn er ein starkes Amerika verspricht, das andere Nationen führt, dann könnte er schon bald ernüchtert feststellen, dass dafür das Geld fehlt. Wer immer der neue Präsident wird - er wird alle Hände voll zu tun haben, das Rekorddefizit, die Staatsverschuldung und die Arbeitslosigkeit abzubauen. Die Außenpolitik wird dahinter zurückstehen müssen.