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Kommentar: Ausverkauf

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Tobias Oelmaier
13. März 2016

Der Wechsel von Gladbachs Harvard Nordtveit zum Premier-League-Klub West Ham United ist ein besorgniserregendes Signal für die Bundesliga, kommentiert DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier.

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Borussia Mönchengladbach Havard Nordtveit
Bild: Picture-Alliance/dpa/Revierfoto

Borussia Mönchengladbach war noch nie ein "Kaufverein". Selbst zu besten Zeiten, in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, musste der fünfmalig Deutsche Meister Spieler gehen lassen. Günther Netzer etwa zu Real Madrid, Calle del Haye zum FC Bayern. Oder später, als Lothar Matthäus und Stefan Effenberg, dann auch Dante nach München gingen, als man Marco Reus nicht halten konnte, der sein Glück in Dortmund suchte. Aber in diesen Fällen waren es immer große Namen, die für hohe Ablösesummen zu großen Klubs wechselten.

Nun musste der aktuelle Tabellenvierte den Verlust von Mittelfeldmotor Harvard Nordtveit bekannt geben. Von einem guten Bundesligaprofi, zweifellos. Aber ein Topstar ist der Norweger, der seit gut fünf Jahren das Trikot der Borussia trägt, noch lange nicht. Erst in den letzten Monaten bringt er konstant überdurchschnittliche Leistungen, hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sein Verein wieder um die internationalen Plätze mitspielt. Gerne hätte Sportdirektor Max Eberl ihn gehalten, heißt es, aber Nordtveit schlug das Angebot zur Vertragsverlängerung aus. Seine neue Herausforderung heißt nun aber nicht Real, Dortmund oder Bayern, sondern - glaubt man Medienberichten, West Ham United.

Die Entscheidung sei ihm sehr schwer gefallen, sagte Nordtveit, zuletzt sogar Mannschaftskapitän, nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Klar: Sportlich verbessert er sich kaum. Die Londoner stehen in der Premier League auf Platz fünf, waren noch nie Meister. Und die Europapokal-Teilnahme ist noch keineswegs sicher. Einen Stammplatz wird er sich auch noch erkämpfen müssen in einer Liga, die zurzeit alles aufkauft, was geradeaus laufen kann. Und die Stimmung im Borussia-Park braucht sich sicher nicht hinter der in den englischen Stadien zu verstecken. Einzig der Umstand, dass Nordtveit einst von Arsenal London an den Niederrhein gekommen war, mag von der wohl einzig wahren Motivation für den Wechsel ablenken: vom lieben Geld.

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DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier

Der dicke Fernsehvertrag der Premier League zeigt jetzt Wirkung. Und Kicker wie Granit Xhaka, Mahmoud Dahoud und Co. stehen schon in den Startlöchern. Die Gladbacher Mannschaft droht auseinanderzufallen, ihre Leistungsträger zu verlieren. Und wenn ein Traditionsklub wie die Gladbacher mit ihrem Umfeld, ihrer Reputation, ihren sportlichen Perspektiven und ihren finanziellen Möglichkeiten keine Chance gegen die Offerten aus Englands zweiter Reihe hat, wie soll es dann erst den anderen, schwächeren deutschen Vereinen gehen? Es ist zu befürchten, dass der Ausverkauf der Bundesliga erst begonnen hat.

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