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Bonus-Debatte ist nicht das Problem von VW

11. April 2016

Wenn es um Boni-Zahlungen an Manager geht, wird in Deutschland schnell gefragt: Muss das sein? Warum soviel? Erst recht, wenn man wie VW in der Klemme ist. Ein Blick auf die Fakten kann helfen, meint Henrik Böhme.

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Geldgeschäfte
Bild: picture alliance/dpa Themendienst

16 Millionen Euro. Das ist eine ordentliche Stange Geld. Das verdienen die allerallermeisten nicht in ihrem ganzen Arbeitsleben. Mancher hingegen schafft das in nur einem Jahr. Martin Winterkorn zum Beispiel. Es war sein Jahressalär für das Geschäftsjahr 2014. Damit war er der Bestverdiener aller 30 im Deutschen Aktienindex notierten Konzerne. Und er verdient immer noch weiter, auch wenn er seit jenen verhängnisvollen Septembertagen nicht mehr auf dem Chefsessel von Europas größtem Autobauer sitzt. Denn sein Vertrag läuft noch bis Ende 2016. Und solange er nicht von sich aus sagt: Ich habe jetzt genug, solange hat er Anspruch auf sein Gehalt.

Die Taschen voll

Das regt natürlich ein Menge Leute auf. Und es wird freilich nicht besser, wenn man erfährt, dass Winterkorns damaliger Finanzchef Hans Dieter Pötsch sich den Wechsel auf den schlechter dotierten Posten des Aufsichtsratschefs mit einer Ausgleichszahlung von 10 Millionen Euro versüßen ließ. Und ganz schlimm wird es, wenn es nun darum geht, über die Bonuszahlungen für 2015 zu entscheiden, die in diesem Jahr ausgezahlt werden. Die sollen nämlich für die Vorstandsetage ähnlich üppig ausfallen wie im vergangenen Jahr. Wie kann das sein? Das zumindest ist der kollektive Aufschrei in einem Land, in dem hohe Managergehälter per se unter Generalverdacht stehen.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Gut gemeint

Natürlich ist Volkswagen seit dem 18. September 2015 nicht mehr der gleiche Konzern wie davor. Da jagte man von einem Verkaufsrekord zum nächsten, sah sich auf dem Weg zur automobilen Nummer Eins der Welt. Dann kam der Abgasskandal ans Licht - und nun ist nichts mehr, wie es war. Nur die Bonuszahlungen bewegen sich in ähnlichen Sphären. Weil für die Berechnung eben nicht nur die Zeit ab September 2015 gilt, sondern die Jahre davor. Das haben sie sich nicht bei VW ausgedacht, sondern das steht so im Gesetz. Damit soll eben nicht das kurzfristige Gewinnstreben, sondern eine gewisse nachhaltige Unternehmensentwicklung befördert werden. Gegen die regelkonform angewandte Berechnung hilft kein noch so lautes Jammern. Manchmal gehen gut gemeinte Gesetze eben auch nach hinten los.

Heißer Sommer

Was viel schlimmer ist an der ganzen Debatte: Sie zeigt, dass Volkswagen von einer Lösung des existenzbedrohenden Problems seiner Abgasaffäre noch meilenweit entfernt ist. Im Moment scheint die Devise eher zu lauten: Jeder gegen jeden statt alle gemeinsam für die Zukunft von VW. Die mächtige Gewerkschaft, gegen die bei Volkswagen - wie von Firmenpatriarch Piëch einst formuliert - "nichts geht", poltert gerade mal wieder ziemlich herum und verspricht den Arbeitnehmern, ihnen werde nichts passieren. Das ist angesichts der ungeklärten finanziellen Belastungen mindestens mutig, wenn nicht gar leichtfertig. Die Konzernführung scheint hingegen derzeit komplett auf Tauchstation. Es läuft jetzt alles auf die Vorlage der Bilanz am 28. April zu. Bis dahin muss die Chefetage versuchen, die Bonusfrage ein wenig zu entschärfen, indem man sie zum Beispiel pauschal um ein Drittel kürzt. Ob das Erfolg haben wird, steht noch in den Sternen. Das einzige, was bislang klar ist: Das wird ein verdammt heißer Sommer in Wolfsburg.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58