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Zu kurz gedacht

Christina Bergmann, Washington20. Juni 2007

Ehud Olmert und George W. Bush haben bekräftigt, weiter die gemäßigte Palästinenser-Partei Fatah zu unterstüzen - mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Das ist zu kurz gedacht, kommentiert Christina Bergmann.

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Bild: DW

"Teile und herrsche" lautet eine Strategie für erfolgreichen Machterwerb und -erhalt. Abgesehen davon, dass diese Vorgehensweise nicht mehr ganz zeitgemäß ist, ist sie in der Palästinenser-Frage auch kontraproduktiv. Denn das Prinzip Teilung ist nicht auf Frieden, sondern auf Gewalt angelegt. Außerdem kann es nur funktionieren, wenn beide Parteien meinen, einen Vorteil zu haben. Sieht sich eine Partei vernachlässigt, entzieht sie sich dem Zugriff der Supermacht. So geschehen im Gaza-Streifen.

Fernschreiber Christina Bergmann

Seit Jahren verfolgen die USA die Politik, die radikalen Palästinenser zu ignorieren und die gemäßigten zu unterstützen – ohne dabei zu beachten, dass es sich bei der radikalen Hamas nicht um eine kleine Splittergruppe handelt, sondern dass sie mindestens soviel Einfluss hat wie die Fatah. Die Wahlen im letzten Jahr, von denen die Bush-Regierung annahm, dass sie der "vernünftigen" Partei, also der gemäßigten Fatah, den Sieg bringen würden, hatten das gegenteilige Ergebnis. Die Ignorierten und Vernachlässigten sahen ihre Chance und schlugen zu – diesmal auf den Stimmzetteln.

Zielsetzung unbekannt

Die USA aber setzten ihre Politik fort – isolierten und ignorierten die Unerwünschten. Halbherzige Vermittlungsversuche der US-Außenministerin sowie des Nahost-Quartetts verliefen im Sande. Der Friedensprozess lag weiter auf Eis und die Radikalen wurden radikaler, noch brutaler und schlugen schließlich gegen die eigenen Brüder zu. Die sagten sich von den Radikalen los und bildeten eine Notstandsregierung. Und die USA, genauso wie die EU und Israel, reagierten mit ansonsten in der Diplomatie unüblicher Geschwindigkeit – aber mit dem bekannten Reflex: Sie kündigten an, ihre Boykotte gegen die gemäßigten Palästinenser aufzuheben – und die radikalen weiterhin zu ignorieren. So führen sie die Politik der Teilung der Palästinenser fort.

Allerdings: Mit welchen Ziel? Der Schaffung eines Palästinenserstaats, der nur aus dem Westjordanland besteht? Der Schaffung von zwei Palästinenserstaaten? Der Nahe Osten wird mit einer solchen Konstruktion nicht friedlicher. Und was soll mit dem Gazastreifen geschehen? Angesichts des bisherigen Umgangs der Bush-Regierung mit unerwünschten "Regimen" möchte man darüber lieber nicht nachdenken.

Kein Grund für Stolz

Optimisten sehen in der jetzigen US-Politik die letzte Chance, im Nahen Osten Frieden zu schaffen. Das mag sogar richtig sein. Allerdings ist es kein Grund, stolz zu sein, wenn sich inmitten von Chaos noch einmal ein kleiner Lichtblick auftut. Die jetzige Situation ist die Folge eines Versagens der Diplomatie und der Politik – auf der ganzen Linie. Dabei braucht Israel Frieden mit den Palästinensern und diese endlich eine vernünftige Lebensgrundlage. Und der US-Regierung und ihrem Präsidenten, der so gerne die Welt demokratisieren möchte, müsste genauso wie den Israelis und Palästinensern an einer möglichst umfassenden und haltbaren Friedenslösung gelegen sein. Erneut auf das Prinzip der Teilung zu setzen und sich mit einem räumlich eng begrenzten Friedensschluss zufrieden zu geben, wäre – wieder einmal – zu kurz gedacht. Leider sieht es so aus, als ob es genau darauf hinausläuft.