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Das war's wohl

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Felix Steiner
19. Mai 2015

Mit Bernd Luckes Euro-kritischer "Alternative für Deutschland" schien ein neuer Stern am Parteienhimmel aufzugehen. Doch dem schnellen Aufstieg wird nun ein ebenso schneller Absturz folgen, erwartet Felix Steiner.

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Europawahl 2014 Wahlplakat AfD
Bild: picture-alliance/dpa

Es war einmal eine Partei, auf der ruhten viele Hoffnungen konservativer Wähler in Deutschland. Wähler, denen die CDU unter Angela Merkel inzwischen zu sozialdemokratisch geworden ist, zu wenig an Werten wie Freiheit, Eigenverantwortung und Familie orientiert. Und die mit Grausen die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung sowie der Europäischen Zentralbank verfolgen. Weil sie ihr Geldvermögen wie Schnee in der Sonne dahin schmelzen sehen und um ihre sicher geglaubte Altersversorgung fürchten.

Diese Wählergruppe ist klassische bürgerliche Kernklientel: beruflich etabliert, gutes Einkommen, Eigenheimbesitzer, meist Eltern - kurz: Menschen, die etwas zu verlieren haben. Und die aus diesem Grund nie eine radikale Partei wählen würden. Sondern dann, wenn ihnen CDU und FDP unwählbar erscheinen, lieber zu Hause bleiben. Weil es für sie zu den etablierten bürgerlichen Parteien in Deutschland keine wirkliche Alternative gibt.

Endlich eine Alternative?

Für genau diese Wählergruppe schien die "Alternative für Deutschland" (AfD) wie gemacht. Nicht zuletzt auch, weil sie mit dem Professor für Ökonomie an der Spitze sowie den drei engagierten Ruheständlern an seiner Seite so viel Seriosität ausstrahlte: ein früherer Leitartikler der renommierten Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ein ehemaliger Chef der hessischen Staatskanzlei sowie der einstige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie - mit mehr namhaftem Personal konnte keine neue Partei in den vergangenen Jahrzehnten aufwarten. Da schien der Erfolg nur eine Frage der Zeit.

Der kam geradezu blitzartig: Keine acht Monate nach der formellen Parteigründung scheiterte die AfD bei der Bundestagswahl im September 2013 nur knapp an der Fünfprozenthürde. Viele hatten zwar auf den Durchmarsch ins deutsche Parlament gehofft - aber dennoch war dieser Stimmengewinn nach so kurzer Anlaufzeit historisch ohne Beispiel. Inzwischen sind die ersten Mandate längst erobert: Die AfD sitzt im dritten Jahr ihres Bestehens im Europaparlament sowie fünf deutschen Landesparlamenten.

Doch wurde dieser Erfolg sehr teuer erkauft: Die AfD war zu lange zu offen. Hat zu viele Mitglieder aufgenommen und zu viele Positionen vertreten, um die seriöse Bürgerliche eigentlich einen großen Bogen machen. Auf den Punkt gebracht: Die Partei ist inzwischen auf breiter Front rechtsradikal unterwandert. Was schon bei den plumpen Annäherungsversuchen an die islamkritischen Pegida-Demonstranten von Dresden im Winter offenbar wurde, ist nun endlich auch dem Vorsitzenden Bernd Lucke aufgefallen, der jetzt den bürgerlichen Kern der Partei in einer Unterorganisation sammeln will. Ein Machtkampf, der nichts anderes ist, als die Vorstufe zur Spaltung. Die über kurz oder lang genau dorthin führen wird, wo schon so viele hoffnungsvolle Neugründungen endeten: in der Bedeutungslosigkeit.

Felix Steiner
DW-Redakteur Felix SteinerBild: DW/M.Müller

Sammelbecken für Unzufriedene jeder Art

Analysten konnten schon nach der Bundestagswahl 2013 erkennen, dass die Ursprungs-Idee der AfD auf einem Irrtum beruhte: Denn trotz gutem Abschneiden der neuen Partei fuhr die Union unter Angela Merkel ein Traum-Ergebnis ein. Diese wurde also keineswegs für ein mangelndes konservatives Profil der CDU oder ihre Euro-Politik abgestraft. Und noch ein Indiz: Deutlich mehr Wähler als von der Union hatte die AfD von der Linkspartei abgeworben. Was faktisch nichts anderes bedeutet, als dass die Partei als neues Sammelbecken für die Unzufriedenen jeglicher Couleur diente. Aus einer solchen Melange kann manches entstehen - eine schlagkräftige Partei mit Aussicht auf nennenswerte und dauerhafte Mehrheiten jedoch nicht. Das Schicksal der Piraten-Partei lässt grüßen!

Es scheint so, als behielte Franz-Josef Strauß auch mehr als 25 Jahre nach seinem Tod recht: "Rechts von uns ist nur noch die Wand" postulierte der legendäre CSU-Vorsitzende einst. Rechts von der Union gab es zwar immer wieder dumpf-nationalistische und in erster Linie ausländerfeindliche Parteien, die mal hier, mal dort ein paar Parlamentssitze errangen. Flächendeckend und dauerhaft war ihr Erfolg aber nie. Das Potenzial für eine seriöse, bürgerliche Partei rechts von der Union ist aber ganz augenscheinlich weiterhin nicht vorhanden. Angela Merkel und ihr Parteivorstand können sich bis auf weiteres gelassen zurücklehnen und der Selbstzerstörung der AfD zusehen.

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