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Deutschlands schwache Spielebranche

DW Hintergrund Deutschland Jörg Brunsmann
Jörg Brunsmann
6. August 2015

Die Spielebranche in Deutschland bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das liegt auch an schlechten Rahmenbedingungen, für die zum Teil die Politik verantwortlich ist, findet Jörg Brunsmann.

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Deutschland Gamescom 2015 in Köln
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Beim Spielekonsum sind die Deutschen Spitze - daran gibt es keinen Zweifel: Mehr als 300.000 Menschen werden in dieser Woche nach Köln zur Spielemesse Gamescom pilgern. Und noch viel mehr - geschätzt etwa die Hälfte aller Menschen in Deutschland - greifen regelmäßig zu PC, Smartphone oder Spielkonsole. Deutschland ist einer der größten Absatzmärkte in Europa. Ein Boom, der in der Branche in Deutschland aber kaum ankommt.

Rund 30.000 Beschäftige hat die Computerspielbranche in Deutschland, wie der "Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware" kürzlich ausgerechnet hat. Klingt nach viel, ist es aber nicht. Zum Vergleich: In den USA arbeiten etwa 146.000 Menschen in diesem Bereich. Dass es in Deutschland - trotz des großen Absatzmarktes - nicht mehr sind, hat seine Gründe. Und die sind unter anderem in der Politik zu suchen.

Keine Fördergelder

Denn wirklich gute Standortfaktoren finden Spieleentwickler in Deutschland nicht. Das beginnt mit dem gesellschaftlichen Umfeld. In vielen Ländern - eben auch in den USA - gelten Computerspiele inzwischen als Kulturgut, das vom Staat entsprechend anerkannt und gefördert wird. In Deutschland gilt das so nicht. Hier spielen die Medien des klassischen Bildungsbürgertums eine Rolle: Bücher, Musik und Filme. Gerade für letztere lässt der Staat auch manchen Euro springen: 2012 beispielsweise wurden deutsche Filme mit etwa 310 Millionen Euro gefördert. Bei Computerspielen hat man bisher nur in Bayern entsprechende Fördertöpfe eingerichtet.

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DW-Computerexperte Jörg BrunsmannBild: DW/Christel Becker-Rau

Ein weiteres, deutsches Problem: Die Technik. Kaum eine Branche entwickelt und produziert so arbeitsteilig wie die Spielebranche. Aufträge für Teilbereiche eines Spiels - zum Beispiel die Erstellung von Grafiken - werden international vergeben. Nur: ohne schnelles Internet geht da nichts. Doch gerade wenn Terabyte-große Grafikdateien hin- und hergeschickt werden müssen, macht sich der schlechte Internetausbau in Deutschland bemerkbar. Es gibt Regionen - vor allem auf dem Land - in denen die Internetgeschwindigkeit heute immer noch die gleiche ist wie vor zehn oder 15 Jahren. Für Entwicklerstudios kommen solche Standorte nicht in Frage.

Ausländische Fachkräfte eher abgeschreckt

Und der dritte Punkt: Auch in Sachen ausländische Fachkräfte bekleckert sich Deutschland nicht gerade mit Ruhm. Spieleentwickler sind hochspezialisiert. Und trotz der hohen Arbeitsteilung per Internet: Für den kreativen Teil der Spielentwicklung, für Idee und Spielkonzept, setzen die Firmen in der Regel auf traditionelle Arbeitsstrukturen. Entworfen werden Spiele meist in der Gruppe und in direkter, persönlicher Zusammenarbeit. Will ein Entwicklerstudio mithalten, braucht man dafür internationale Fachkräfte. Die aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, ist nicht so leicht - weil die Politik zu umständliche Regeln für die Arbeit ausländischer Fachkräfte in Deutschland geschaffen hat.

Beim Blick auf die deutsche Spielbranche bleibt unter dem Strich ein trüber Eindruck: Die Branche bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das Potential ist da - das zeigt der Ansturm auf die Gamescom. Aber es wird nicht genutzt. Deutschland sollte daran arbeiten, den Spielentwicklern bessere Arbeitsbedingungen zu bieten. Ansonsten wird man mittelfristig von anderen Ländern überholt werden. Gerade Entwicklungsländer in Afrika und Asien haben die Chancen erkannt. Dort gibt es zudem viele Arbeitskräfte, die im internationalen Vergleich unglaublich günstig arbeiten. Noch entwicklen diese Unternehmen vor allem für den lokalen Markt. Das könnte sich schnell ändern - und dürfte die deutschen Spieleentwickler dann weiter an den Rand drängen.