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Politik

Die AfD schwingt die Nazikeule

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Hans Pfeifer
16. September 2017

Der Spitzenkandidat der deutschen Partei AfD, Alexander Gauland, will stolz sein auf die Leistungen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Damit rückt er die AfD in die rechtsextreme Ecke, meint Hans Pfeifer.

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Alexander Gauland AfD Politiker
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Die selbsternannte "Alternative für Deutschland" hat in ihrer jungen Geschichte schon einige Wandlungen erlebt: Sie mutierte von der Anti-Euro-Partei zur Anti-Flüchtlingspartei. Damit landete sie zahlreiche Erfolge bei wichtigen Regionalwahlen. Und sie veränderte ihre Mitgliederstruktur und radikalisierte sich. Aber eine Kontinuität prägt diese Partei von Beginn an: Die AfD bedient sich der Sprache und Gedanken des Nationalsozialismus.

Der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Lucke hat schon 2013 auf der AfD-Wahlparty in Berlin vor einer "Entartung der Demokratie" gewarnt - unter dem Applaus seiner Mitglieder. Der einflussreiche Landeschef von Thüringen, Björn Höcke, träumt vom Tausendjährigen Reich und nennt die AfD eine "fundamentaloppositionelle Bewegungspartei". Schon Hitler nannte die NSDAP die "Partei der Bewegung". Der AfD-Landeschef von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, spricht von "Wucherungen am Volkskörper" und die Parteivorsitzende Frauke Petry will den Begriff "völkisch" wieder positiv besetzen.

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Hans Pfeifer, DW-PolitikredaktionBild: DW

Und jetzt sagt der AfD-Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf, Alexander Gauland, dass man auf die Leistungen der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg stolz sein könne. Das behauptete er auf einer Parteiveranstaltung in Thüringen. Auf die Soldaten also, die einen Führereid auf Adolf Hitler ablegten. Die gemeinsam mit den SS-Einsatzgruppen im Osten Europas Verbrechen unfassbaren Ausmaßes organisiert und exekutiert haben. Er macht in seiner Rede keinerlei Relativierungen oder Abstufungen. Er spricht von "den deutschen Soldaten". Ich nehme Alexander Gauland beim Wort: Wenn er auf diese Soldaten stolz ist, dann verherrlicht er den Nationalsozialismus. Dann leugnet er als belesener Bildungsbürger die Forschung der vergangenen Jahrzehnte über die Verbrechen der Wehrmacht. Dann zündelt er mit dem Höllenfeuer. Dann bekennt er sich.

Wer von der AfD verlangt, dass sie sich von der NS-Zeit distanzieren müsse, ist naiv. Denn diese Partei besteht aus sprachlichen und gedanklichen Kontinuitäten zur NS-Zeit. Sie sucht diese Nähe, so wie Gauland, Petry, Höcke, Poggenburg. Die Motive mögen unterschiedlich sein, die Konsequenz bleibt dieselbe. Die AfD kritisiert zwar politische Gegner scharf, weil sie ihre Mitglieder zu Unrecht als Nazis verleumdet sieht, dabei schwingt die Partei die Nazikeule selbst. Und sie mutiert weiter: zu einer klassisch rechtsextremen Partei. 

Es ist bitter: Jetzt, wo Zeitzeugen und Opfer der Verbrechen der NS-Zeit kaum noch aufstehen können, kommen die Verharmloser, Anhänger und Sympathisanten der NS-Ideologie wieder verstärkt aus den Löchern. Sie werden wieder mutiger. Und die deutsche Gesellschaft ist erstaunlich wankend und unentschlossen in ihrer Haltung.

Aber wo sind wir, die Kinder der Täter? Die wir doch angeblich aufgeklärt wurden und diese Gesellschaft zu einer anderen, besseren gemacht haben? Wo ist unser Protest gegen diesen Rassismus, Biologismus, Nationalismus? Er ist besorgniserregend klein angesichts der Tatsache, dass zahlreiche radikale Mitglieder demnächst im Deutschen Bundestag sitzen werden. Die AfD ist nicht nur eine abstrakte Gefahr für demokratische Gepflogenheiten. Am Ende sind ihre Hetze und ihre Rohheit eine Gefahr für das Leben von Menschen. Das hat uns der Aufstieg des Faschismus gelehrt. Wir hatten eigentlich genug Zeit, Bildung und Wohlstand, um diese Lehre zu verstehen. 

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Hans Pfeifer Autor und Reporter