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Neue Anforderungen

Ute Schaeffer zurzeit in Ghana 15. Januar 2007

Ghana, das Land, das Bundespräsident Horst Köhler vier Tage lang besucht hat, ist im afrikanischen Vergleich ein Modellstaat. Und doch bestimmen immer noch Akteure von außen den Fortschritt im Land - alte wie neue.

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Zu den alten, traditionellen Akteuren in Ghana gehören die Geber in Europa und den USA; zu den neuen zählen Schwellenländer wie Indien und China. Investitionen aus Indien haben solchen aus Großbritannien längst den Rang abgelaufen. China drängt mit aller Macht in das westafrikanische Land.

Neue Akteure

Globalisierung und rasantes Wachstum der Schwellenländer haben die klassische Entwicklungspolitik europäischer Prägung überholt. Afrika ist Teil einer neuen internationalen Architektur. Rücküberweisungen der im Ausland lebenden Ghanaer machen jedes Jahr bis zu vier Milliarden Euro aus und tragen so maßgeblich zum Wirtschaftswachstum ihrer Heimat bei. China und Indien stehen hier wie überall in Afrika die Türen weit offen.

Europäische Missverständnisse

Doch Europa verschläft diese Entwicklung, und der Bundespräsident sieht das mit Sorge. Die alten Entwicklungsrezepte gehen nicht mehr auf, die überkommene europäische Afrikapolitik, wo jeder sein persönliches Afrika pflegt, gehört in die Mottenkiste. Wie lange, glaubt Europa, lassen sich europäische Märkte noch abschotten gegen afrikanische Produkte, wie lange noch sitzt Europa dem Missverständnis auf, dass sich die Migration vom Nachbarkontinent durch hohe Mauern, Auffanglager in den Wüsten Nordafrikas oder Grenzkontrollen verhindern lasse?

Energiepolitik

Angst und Protektionismus bestimmen die europäische Afrikapolitik, und das verdeckt die Potenziale, die Afrika hat und die andere längst sehen und für sich nutzen. Europa sollte seine Interessen mit Blick auf Afrika stärker wahrnehmen, sie klar benennen und sie auch zur Politik machen. Dazu zählt beispielsweise der Bedarf an Energie. Zurzeit produziert Afrika zwölf Prozent des weltweiten Erdöls, bis 2010 wird sich dieser Anteil verdoppeln. Der Kontinent verfügt zudem über 50 Millionen Tonnen Erdgas, das ist ein Drittel der weltweiten Vorkommen.

Ein weiteres Beispiel für ungenutzte Potenziale: Europa braucht Einwanderung, auch Einwanderung und Arbeitskräfte auf Zeit. Migration, auch aus Afrika, muss deshalb legalisiert, der Zugang auf Zeit nach Europa auch für Afrikaner möglich werden.

Breite Basis

Der Nachbarkontinent Europa sollte Afrika nicht China überlassen. Es gilt, die Verbindungen auf eine breite Basis zu stellen, soziale Kontakte und Netzwerke herzustellen, einander zu kennen, damit man gemeinsame Interessen sieht. Bundespräsident Köhler weiß das und hat deshalb seine Afrika-Initiative ins Leben gerufen. Durch sein kontinuierliches Engagement und durch seine dritte Afrika-Reise will er dafür sorgen, dass Afrika auf der Agenda der Bundesregierung bleibt.

In der EU wie in der G8 könnte Deutschland für Afrika einiges bewegen - könnte, denn im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft haben andere Themen, wie der Verfassungsprozess oder die Beziehungen zu Zentralasien Afrika den Rang abgelaufen. Im Rahmen der G8 allerdings will die Bundesregierung Entwicklungsfragen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Afrika voranbringen. Ist das schon ein erstes Zeichen dafür, dass man im alten Europa aufwacht und die Chancen in Afrika sieht? Sicher ist das nicht.