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Politik

Ein bestürzender Freispruch in der Elfenbeinküste

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Dirke Köpp
29. März 2017

Das Urteil gegen die als Scharfmacherin bekannte, frühere First Lady Simone Gbgabo ist schreiendes Unrecht. Die mehr als 3000 Todesopfer zählen weniger als die Sorge vor einem Präzedenzfall, meint Dirke Köpp.

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Elfenbeinküste - Simone Gbagbo
Simone Gbagbo hatte als First Lady erheblichen Einfluss auf die bewaffneten Kräfte des LandesBild: Getty Images

Der Freispruch für Simone Gbagbo kam überraschend, Opferverbände sind entsetzt: Der Staatsanwalt hatte eine lebenslange Haftstrafe wegen des Vorwurfs von Verbrechen gegen die Menschlichkeit für die  ehemalige First Lady gefordert. Doch die Richter am Schwurgericht in der ivorischen Wirtschaftsmetropole Abidjan sprachen Simone Gbagbo von Schuld frei.

Ein Wort der First Lady hätte genügt

Ein Freispruch für die Frau, die während der monatelangen, blutigen Unruhen in der Elfenbeinküste in den Jahren 2010/2011 eine tragende Rolle gespielt hatte. Ehefrau von Präsident Laurent Gbagbo, der nach der Wahl im Herbst 2010 das Amt nicht abgeben wollte und dadurch das Land ins politische Chaos, ja, in bürgerkriegsähnliche Zustände stürzte. An der Seite ihres Mannes kämpfte sie gegen den Wahlsieg des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara. So lange, bis nach fünf Monaten eine Blauhelmtruppe unter der Führung Frankreichs die Unruhen beendete. Mehr als 3000 Menschen kamen damals ums Leben.

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Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Es ist empörend, dass die Richter Simone Gbagbo nun trotz vorliegender Indizien vom Vorwurf der Verbrechen gegen die Menschlichkeit freigesprochen haben. Sie war als Scharfmacherein bekannt und auch dafür, dass sie in enger Verbindung zu Todesschwadronen stand. Ein Wort der auch "Eiserne Lady" genannten Gbagbo hätte genügt, die Raserei der Anhänger ihres Mannes zu stoppen. Stattdessen stachelte sie die Gewaltbereitschaft an.

Dem Ex-Präsidenten Laurent Gbagbo wird derzeit vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) der Prozess gemacht. Auch gegen Simone Gbagbo liegt ein Haftbefehl des IStGH vor - und zwar, wie im gerade beendeten Prozess in Abidjan, wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverbrechen. Der Haftbefehl wurde jedoch von der Regierung der Elfenbeinküste abgelehnt, weil man selbst über die frühere First Lady urteilen wolle. Das ist mit dem erschütternden Freispruch nun geschehen.

Angst vor dem Präzedenzfall

Es ist zu vermuten, dass das Urteil so milde ausfiel, weil auch Anhänger von Alassane Ouattara, dem derzeitigen Staatschef und früheren Gbagbo-Gegner, sonst riskieren, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt zu werden. Denn auch die Gegenseite war nicht zimperlich während der bürgerkriegsähnlichen Unruhen. Hinzu kommt, dass Simone Gbagbo trotz Freispruchs nicht auf freiem Fuß ist: Denn sie war schon 2015 wegen "Unterwanderung der staatlichen Sicherheit" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Da war es ein Leichtes, Frau Gbagbo nicht erneut zu verurteilen und so den Präzedenzfall zu umgehen. Denn auch ohne erneuten Schuldspruch ist die "Eiserne Lady" erst mal hinter Gittern und deswegen kein Problem für die ivorische Regierung.

Die Leidtragenden sind dabei die Opfer: Ihnen widerfährt mit diesem Urteil schreiendes Unrecht. Denn während Simone Gbagbo für ihre Angriffe auf die Sicherheit des Staates hinter Gitter wanderte, ist der Vorwurf der Verbrechen gegen die Menschlichkeit keinen Schuldspruch wert. Das hat viele Opfer und ihre juristischen Vertreter zu Recht fassungslos gemacht.

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