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Kommentar: Ein Deal mit Folgen

Peter Philipp3. März 2006

Mit der Bereitschaft, Indien mit Atommaterial und -technologie zu beliefern, hebelt Washington das Nichtverbreitungs-Regime aus. Peter Philipp kommentiert.

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Bush mit dem Präsident Abdul Kalam, der 1998 die indischen Atomtests koordinierteBild: AP
Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Vielleicht sollte man den Nichtverbreitungsvertrag (NPT) umschreiben oder abschaffen. Denn einer der eifrigsten Verfechter dieses Abkommen - die USA - scheint nicht mehr viel darauf zu geben, wenn es ihm nicht ins Konzept passt. Anders wäre schwer zu erklären, dass George W. Bush ein Atomabkommen mit Indien abschließt, obwohl Neu Delhi den Kernwaffen-Sperrvertrag nie unterschrieben hat - und dass der US-Präsident das Ganze auch noch als neue "strategische Partnerschaft" feiern kann.

Gravierender Kurswechsel

Natürlich braucht Indien Energie, natürlich verfügt es über Uran und natürlich wären Atomkraftwerke ein probates Mittel, den künftigen Energiebedarf zu decken. Aber da gibt es auch die indische Atombombe, die in der Vergangenheit immer wieder Spannung und Sorge auslöste: Nach dem ersten Atomtest 1974 führte Indien 1998 erneut eine Testreihe durch; zwei Wochen später folgte Pakistan. Beide Staaten sind bis heute nicht Mitglied des Nichtverbreitungsabkommens.

Washington hatte deswegen bisher konsequent jede atomare Zusammenarbeit mit den beiden Staaten verweigert. Dass man dies nun gegenüber Indien ändert - ohne dass Indien dem NPT beigetreten wäre - ist ein gravierender Kurswechsel. Daran ändert auch das Lob aus London und Paris nichts, auch nicht die Zufriedenheit des IAEA-Chefs, Mohammed el Baradei. Es wird doch zu deutlich, dass hinter dem Deal Washingtons mit Delhi andere Gründe stecken als die offiziell vorgetragenen.

Doppelte Standards

Im Vordergrund steht wieder einmal der Iran. Da ist zum Beispiel der Versuch Washingtons, den Indern entgegenzukommen, um sie doch noch von ihrem geplanten Milliardenprojekt einer Gas-Pipeline aus dem Iran abzubringen. Bisher hat Delhi dem amerikanischen Drängen nicht nachgegeben, aber es hat offenbar verstanden, Washingtons Streit mit dem Iran geschickt zu seinem Vorteil zu instrumentalisieren.

Nur: Wie will und wie kann Washington allen Ernstes seine Kampagne gegen Teheran fortsetzen, das dem Sperrvertrag seit langem angehört, und gleichzeitig das Nichtmitglied Indien offen unterstützen? Das ist wohl nur möglich, weil die einzige verbliebene Supermacht auch in diesem Fall ungestraft tun kann, was sie will. Und sie wird - wie die Europäer demonstrieren - noch nicht einmal dafür kritisiert.

Was aber, wenn nun auch Pakistan ähnliche Unterstützung aus den USA fordern sollte? Kann das Weiße Haus sich dann damit herausreden, dass Indien doch eine Demokratie sei? Wohl kaum, denn anderswo auf der Welt hat Washington oft genug gezeigt, dass nicht die Staatsform ausschlaggebend ist für seine Unterstützung, sondern das eigene globale Interesse. Und in dem spielt Pakistan ja immerhin in letzter Zeit eine sehr wichtige Rolle. Es ist sicher Zufall, dass das Abkommen mit Indien abgeschlossen wird, während die Krise mit dem Iran einem neuen Höhepunkt entgegen geht. Ein Kontext aber besteht und an dem könnte mittel- bis langfristig das Nichtverbreitungsabkommen selbst scheitern.