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Kommentar: Ein Feigenblatt für Berlin

Michael Knigge/ cb27. Juni 2014

Miteinander zu reden kann nie schaden. Doch die Vorgeschichte des transatlantischen Cyber-Dialogs deutet darauf hin, dass er zu keinen handfesten Ergebnissen führen wird, meint Michael Knigge.

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Michael Knigge. (Foto: DW/Per Henriksen )
Bild: DW/P. Henriksen

Um den Kontext des Cyber-Dialogs zwischen Deutschland und den USA zu verstehen, muss man auf den vergangenen Sommer zurückblicken. Im August 2013 verkündete der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla, der außerdem der Geheimdienstverantwortliche der Regierung war, dass Washington zu einem No-Spy-Abkommen mit Berlin bereit sei.

Deutschland und die USA, so Pofalla, würden einen Vertrag aushandeln, der es beiden Ländern verbiete, einander auszuspionieren. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. So ein Abkommen wäre schließlich eine folgenschwere Auswirkung der stark kritisierten Überwachung deutscher Bürger und der Kanzlerin durch den US-Geheimdienst NSA gewesen.

Gescheitertes Abkommen

Doch es war schnell klar, dass das vorgesehene Abkommen niemals zustande kommen würde. Die Idee hatte US-Politiker und Geheimdienstexperten von aller Anfang an stutzig gemacht. Beginnend mit dem Herbst 2013 führten Deutsche und Amerikaner weitere Gespräche, die aber ergebnislos blieben.

Anfang 2014 war klar, dass die USA kein verbindliches No-Spy-Abkommen mit Deutschland unterzeichnen würden. Der neue deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte nach einem Besuch bei seinem US-Amtskollegen John Kerry im Februar öffentlich, dass es den Vertrag nicht geben würde.

Statt eines Vertrags schlug Steinmeier einen "Cyberdialog" zwischen Deutschland und den USA vor, in dem unterschiedliche Meinungen über Sicherheit und Privatsphäre auf beiden Seiten des Atlantiks diskutiert werden sollten. Die Obama-Regierung stimmte dem zu - der erste Schritt zur heutigen ersten Sitzung des Cyber-Dialogs war getan.

Solch ein Dialog zwischen Berlin und Washington ist selbstverständlich sinnvoll. Ein Forum zu schaffen, in dem Experten, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft aus beiden Ländern über Internetfragen und andere Themen diskutieren können, ist keinesfalls eine schlechte Idee.

Rechtlich unwirksam

Das Problem ist aber, dass dieser Dialog kein Ersatz für einen Vertrag oder einen gesetzlichen Rahmen sein kann. Schließlich war der Auslöser für die Diskussion über das No-Spy-Abkommen das lobenswerte Ziel, deutsche Bürger vor der Massenüberwachung durch die NSA zu schützen.

Dass es nicht dazu kam, lag an Washingtons entschiedenem Widerstand und blamierte Berlin, wo für das Abkommen gekämpft wurde. Der aktuelle Cyber-Dialog kann den deutschen Bürgern nicht den nötigen rechtlichen Schutz vor der NSA bieten. Stattdessen wirkt er wie eine Geste Washingtons, um gegenüber Berlin das Gesicht zu wahren.