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Kommentar: Ein Großer geht

Andreas Sten-Ziemons18. Juli 2014

Philipp Lahm tritt aus der Nationalmannschaft zurück. Das ist ein herber Verlust für das Team, aber persönlich kann man Lahm zu diesem Schritt nur gratulieren, meint DW-Sportreporter Andreas Sten-Ziemons.

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Philipp Lahm Rücktritt Nationalmannschaft
Bild: picture-alliance/Sven Simon

Einen besseren Zeitpunkt, um Abschied zu nehmen, gibt es wohl nicht. Gerade noch hat sich Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm gemeinsam mit der Mannschaft von einer halben Million Fans vor dem Brandenburger Tor feiern lassen und der begeisterten Menge den goldenen WM-Pokal präsentiert. Fünf Tage später zieht Lahm einen Schlussstrich und erklärt seine Karriere im DFB-Team für beendet.

Von der Körpergröße her stets einer der Kleinsten, war Philipp auf dem Platz immer einer der Größten. Seit 2004 fester Bestandteil der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, führte der 1,70 Meter große Lahm die DFB-Elf in 53 seiner 113 Länderspiele als Mannschaftskapitän aufs Feld. Sechs große Turniere hat er im deutschen Trikot bestritten. Er war zweimal WM-Dritter (2006, 2010), wurde Vize-Europameister (2008) und schaffte mit dem WM-Titel am vergangenen Sonntag den goldenen Abschluss seiner Zeit in der Nationalmannschaft.

Nun geht er und hinterlässt eine große Lücke. Schon vor dem Turnier in Brasilien waren sich Fachleute einig, dass man Philipp Lahm klonen müsste, um auf allen strategisch wichtigen Positionen in der Defensive bestens besetzt zu sein. Die Lahm-Klone hätten dann gleichzeitig als Linksverteidiger, Rechtsverteidiger und im defensiven Mittelfeld gespielt. Für Joachim Löw bedeutet der Rücktritt Lahms taktisch, dass er nun in erster Linie wieder nach einem international konkurrenzfähigen Rechtsverteidiger fahnden muss. Viel härter trifft den Bundestrainer darüber hinaus, dass er künftig auf Lahms Persönlichkeit, seine Erfahrung, seine Ruhe in brenzligen Situationen und seinen bedingungslosen Ehrgeiz verzichten muss. Löws Elf wird auch ohne Lahm erfolgreich sein, daran besteht kein Zweifel. Aber alle anderen Spieler müssen sich noch mehr anstrengen, um den Verlust ihres Kapitäns auszugleichen.

Andreas Sten-Ziemons (Foto: DW)
Andreas Sten-ZiemonsBild: DW

Dass Philipp Lahm mit gerade einmal 30 Jahren und zum Zeitpunkt des größten sportlichen Erfolges abtritt, verdient Respekt und Anerkennung. Nicht jeder große Spieler kann von sich behaupten, diesen Moment getroffen zu haben. Und Lahm geht der großen Fußballbühne nicht verloren. Mit Bayern München wird er in gewohnter Manier auch in den kommenden Jahren auf Titeljagd gehen - nur eben ohne die Zusatzbelastung der Länderspiele und der Reisen zu den EM- und WM-Turnieren. Verdient hat er es sich. So wie in der überwiegenden Mehrzahl seiner 113 Länderspiele gilt: Wieder einmal hat Philipp Lahm alles richtig gemacht.