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Kommentar: Eine Kurskorrektur der USA ist nötig

Daniel Scheschkewitz, Washington DC8. Dezember 2005

Die Europa-Reise der US-Außenministerin Rice wird überschattet von der Diskussion um geheime CIA-Flüge, unrechtmäßig entführte Gefangene und heimliche Lager in Teilen Osteuropas. Ein Kommentar.

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US-Maschine auf einem Militärstützpunkt in RumänienBild: AP

Viele der dubiosen Zustände bleiben auch weiterhin im Dunkeln. Immerhin hat Rice die UN-Anti-Folterkonvention nun auch für die USA im Kampf gegen den Terror und zwar weltweit akzeptiert.

Die Äußerungen von Condoleezza Rice stellen eine vorsichtige, aber dennoch bemerkenswerte Kurskorrektur dar. Bislang hatte die Regierung von US-Präsident George W. Bush das internationale Verbot für grausame Verhörmethoden an der Grenze zur Folter außerhalb der USA und im Umgang mit so genannten feindlichen Kämpfern bewusst missachtet.

Simuliertes Ertränken

Verhöre bei denen die Gefangenen so lange unter Wasser getaucht wurden, bis sie den Eindruck hatten, ertränkt zu werden, waren bei Verhören der CIA in Afghanistan, Guantanamo und anderswo offenbar durchaus üblich.

Damit muss, wenn es Frau Rice ernst meint, nun Schluss sein. Die neue Richtlinie macht jedoch nur Sinn, wenn sie auch überprüfbar ist.

Deswegen haben geheime Lager in Osteuropa oder anderswo auch keine Existenzberichtigung, einmal ganz abgesehen davon, dass sie die Bevölkerungen dieser Länder in einen Loyalitätskonflikt zwischen den USA und der Europäischen Union bringen. Ebenso wenig darf es sein, dass mutmaßliche Terroristen von den USA als Geisterhäftlinge an unbekanntem Ort und ohne offizielle Anklage auf Jahre hinaus weggesperrt werden.

Vehemente Ablehnung

Die Gefangenenhilfsorganisation "Human Rights Watch" hat erst vor kurzem die Namen von 26 dieser Häftlinge veröffentlicht. Es ist zu vermuten, dass ihre tatsächliche Zahl weitaus höher liegt. Dass Betroffene wie der Deutsche Khaled el-Masri mit Hilfe amerikanischer Bürgerrechtsorganisationen den US-Geheimdienst CIA verklagen, zeigt, dass auch in den USA das menschenrechtsfeindliche Vorgehen von Teilen der Bush-Regierung auf vehemente Ablehnung stößt. Im Kongress bemühen sich honorige Senatoren wie der Vietnam-Veteran John McCain derzeit darum, Gesetzeslücken, die grausame Verhörmethoden oder gar Folter durch Amerikaner möglich machten, zu schließen.

International verbindliche Normen

Es ist zu hoffen, dass demnächst auch Vizepräsident Dick Cheney seinen Widerstand gegen diese Gesetzesinitiative aufgeben wird. Eine enge internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus ist wichtig und wünschenswert. Sie kann aber mit Europa nur dann stattfinden, wenn sich die USA an internationale verbindliche Normen und Verträge halten. Danach kann kein Staat, auch nicht unter dem Vorwand einer Bedrohung der eigenen Sicherheit, Personen auf Dauer an unbekanntem Ort festhalten. Ob mit oder ohne das Wissen anderer Staaten.

Transparenz und Rechtstaatlichkeit

Was schon gar nicht angehen kann, ist, dass Amerika Europa zum Mitwisser oder gar Komplizen bei seinen Verstößen gegen die Menschenrechte macht. Dies sollte auch einzelnen Mitgliedern der alten Bundesregierung inzwischen klar geworden sein. Bei der Anti-Terrorbekämpfung müssen zwar manchmal andere operative Spielregeln gelten. Transparenz und Rechtstaatlichkeit im Umgang mit den Gefangenen sind bei alledem jedoch unverzichtbar.