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Eine Verhöhnung der Demokratie

27. Juni 2015

Fünf Monate wurde ergebnislos mit den internationalen Geldgebern verhandelt. Jetzt versucht die griechische Regierung mit dem Referendum einen gefährlichen Befreiungsschlag, meint Spiros Moskovou.

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Greichenland Parthenon in Athen
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zimmermann

Gefangen zwischen den internationalen Institutionen, die nachhaltige Reformen von Athen verlangen, und den Radikalen in seiner eigenen Partei Syriza, die notfalls den Bruch mit den Geldgebern fordern, wendet sich Premier Alexis Tsipras an das "souveräne Volk". Es soll selbst am kommenden Sonntag (05.07.2015) in einem Referendum entscheiden, ob die Reformvorschläge von Europäischer Zentralbank (EZB), Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfond (IWF) akzeptiert und umgesetzt werden oder nicht. Gleichzeitig fordern schon mehrere Minister der Syriza-Regierung öffentlich die Wähler auf, ein schallendes Nein zu weiteren Kürzungen auszusprechen.

Besinnung auf das doppelte Mandat

Was auf den ersten Blick als Vermeidung von Prinzipien der Demokratie scheint, ist in Wirklichkeit eine regelrechte Verhöhnung derselben. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen Ende Januar hat eine Mehrheit der Griechen die populistische Syriza gewählt, in der Hoffnung, dass die Austeritätspolitik der letzten fünf Jahre gelindert wird. Gleichzeitig aber waren und sind alle Umfragen eindeutig: Etwa 70 Prozent der Griechen, doppelt so viele wie die Syriza-Wähler, wollen den Verbleib des Landes in der Eurozone.

Es wäre Aufgabe der neuen griechischen Regierung die Verantwortung zu übernehmen, dieses doppelte Mandat in Einklang zu bringen. Sie müssten den Leuten erklären, was im Moment realisierbar ist und was in der Zukunft umgesetzt werden kann.

Spiros Moskovou (Foto: DW)
DW-Redakteur Spiros Moskovou

David gegen Goliath

Stattdessen hat die Tsipras-Mannschaft die Partner und Geldgeber vergrault, die übrigen Euroländer mit ihrem beispiellosen Dilettantismus überfordert und gleichzeitig im Inneren das zermürbende Spiel der Verhandlungen mit den Institutionen als Kampf eines schwachen Davids gegen einen brutalen Goliath verkauft.

In Wahrheit trägt die griechische Regierung einen großen Teil der Verantwortung für die Sackgasse der Gespräche. Mit ihrer sprunghaften Taktik und ihren ideologischen Parolen aus der Mottenkiste des letzten Jahrhunderts hat sie ständig versucht, ihre Gesprächspartner in die Irre zu führen. Hinhaltetaktik ist leider ein Merkmal nicht nur des griechischen Fußballs, sondern auch der Politik.

Die letzten fünf Monate haben gezeigt, dass Syriza alles andere als eine linke Kraft ist. Bei den Verhandlungen hat sie sich immer geweigert, einer deutlichen Reduzierung der enormen Militäraufgaben zuzustimmen, geschweige denn eine solche Reduzierung selbst vorzuschlagen.

Mit einer Reihe von Maßnahmen hat sie bewiesen, dass sie den immensen öffentlichen Sektor weiter alimentieren will statt ihn zu verschlanken. Sie hat letztendlich Klein- und Großschuldner der Staatskasse gleichgestellt und so sündigen Millionären und kleinen Geschäftsleuten gleiche Vergünstigungen erteilt.

Ratlosigkeit in Griechenland

Jetzt, da nichts mehr hilft und Griechenland vor dem Bankrott steht, versucht Syriza, durch ein Referendum eine neue Verschiebung der nötigen Entscheidungen herbeizuführen. Und das krisengeplagte Volk, auf das sich Syriza permanent beruft? Am Morgen nach der Ankündigung des Referendums herrschte in Griechenland erst einmal Ratlosigkeit.

Bei den Demonstrationen der letzten zwei Wochen allerdings sind deutlich mehr Leute für Europa auf die Straße gegangen. Die von Syriza organisierten Kundgebungen gegen die verhassten Geldgeber hingegen hatten eher lauen Zulauf. Auf Griechenland kommen turbulente Zeiten zu.

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Porträt eines Mannes mit schwarz-grau melierten Locken
Spiros Moskovou Redakteur und Autor der DW Programs for Europe