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Elefant und Drache

Matthias von Hein15. Januar 2008

Indien und China vereinen rund 40 Prozent der Weltbevölkerung. Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh hat jetzt drei Tage lang China besucht. Doch der Weg zu echter Partnerschaft ist noch weit, meint Matthias von Hein.

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Matthias von Hein
Matthias von Hein

Die Beziehungen zu China seien eine Priorität Indiens hat Manmohan Singh in Peking erklärt. Gemessen an dieser Erklärung hat er sich für seine erste Chinareise sehr viel Zeit gelassen - er ist immerhin schon vier Jahre im Amt. Die Reise wurde immer wieder wegen der schwelenden Grenzstreitigkeiten verschoben. In diesem Punkt bündelt sich die ganze Komplexität der indisch-chinesischen Beziehungen. Die größten Transformationsstaaten der Welt teilen nicht nur eine viele tausend Kilometer lange Grenze, sondern auch ähnliche Probleme: Sie müssen die ländliche Armut in ihren Ländern bekämpfen, müssen sich mit Klimawandel und gravierenden Umweltschäden befassen. Weltweit sind sie auf der Suche nach Energie um ihr rasantes Wirtschaftwachstum zu befeuern.

Hypotheken der Vergangenheit

Allein wegen ihrer schieren Größe und ihrer wachsenden Wirtschaftsmacht wird der Weg beider Staaten die Zukunft der Erde im 21. Jahrhundert prägen. Aber bei allen Chancen einer engen Abstimmung beider Staaten wiegen die Hypotheken der Vergangenheit schwer. An erster Stelle eben der Grenzkonflikt. Der eskalierte vor einem halben Jahrhundert zum Krieg und sorgte für jahrzehntelange Funkstille zwischen beiden Seiten. Es ist überhaupt erst 20 Jahre her, dass Indien und China überhaupt wieder miteinander reden. Noch vor 10 Jahren begründete Indien seinen Atomwaffentest mit der Bedrohung durch China - worauf Peking höchst gekränkt reagierte.

Kompliziert werden die Beziehungen noch dadurch, dass Washington als unsichtbarer Dritter mit im Bunde ist und Indien in eine Art Achse demokratischer Mächte in Asien einbinden möchte. Dennoch gewinnt die Annäherung über den Himalaja seit gut zwei Jahren an Bedeutung. Ein Durchbruch war der Besuch von Chinas Staatspräsident Hu Jintao in Indien im November 2006 - auch wenn er anschließend zu Chinas Erzrivalen Pakistan weiterreiste und dort die gemeinsame Produktion von Kampfflugzeugen vereinbarte.

Wandel durch Handel?

Indien und China schienen sich auf einen Weg in der chinesischen Außenpolitik sehr beliebten Weg zu begeben: man sucht die Gemeinsamkeiten und stellt die Unterschiede erst einmal zurück. Und die am größten wachsende Gemeinsamkeit ist der Handel. Der wuchs im letzten Jahr um über 50 Prozent. Interessanterweise brachte der indische Ministerpräsident die gleichen Klagen mit nach Peking, die auch seine europäischen Amtskollegen bei Chinareisen im Gepäck haben: Er beklagte den wachsenden Handelsüberschuss der Chinesen, forderte einen besseren Schutz des geistigen Eigentums und marktgerechte Wechselkurse.

Aber Singh bemühte sich zugleich um Abstand zu den USA. Indien sei nicht Teil eines Versuchs, China einzugrenzen, machte er vor seiner Reise deutlich. Und in Peking wurde ein Dokument unterzeichnet, in dem eine gemeinsame Vision für das 21. Jahrhundert beschrieben wird. Für benachbarte Regionalmächte mit wachsenden Ambitionen ein wichtiger Schritt. Es kann der Welt nicht egal sein, ob sich Elefant und Drache friedlich arrangieren oder aber konfliktbeladen gegenseitig belauern. Was jetzt gebraucht wird, ist die Institutionalisierung hochrangiger gegenseitiger Besuche. Es sollte nicht wieder fünf Jahre dauern, bis ein indischer Premier nach Peking reist.