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Kommentar: Für Kenia beginnt eine neue Ära

Andrea Schmidt30. März 2013

Das Oberste Gericht Kenias die Wahlen vom 4. März für gültig erklärt. Somit wird Uhuru Kenyatta, der Sohn des Gründervaters Jomo Kenyatta, neuer Präsident. Ein historisches Ereignis, findet Andrea Schmidt.

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Großes Aufatmen und Erleichterung in Kenia: Mehr als drei Wochen dauerte die Zitterpartie, ob die Wahlen vom 4. März vom Obersten Gericht als rechtmäßig anerkannt werden. Zivilgesellschaftliche Gruppen und der Herausforderer von Uhuru Kenyatta, der derzeitige Ministerpräsident Raila Odinga, hatten nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse von Wahlbetrug gesprochen. Odinga fühlte sich wie bei den letzten Wahlen 2007 um den Sieg betrogen.

Andrea Schmidt (Foto DW/Per Henriksen)
Andrea SchmidtBild: DW

Die Befürchtungen waren groß, dass es wieder zu Unruhen kommen würde. 2007 befand sich das Land am Rande eines Bürgerkriegs, mehr als 1.200 Menschen waren getötet und Hunderttausende vertrieben worden. Somit stand jetzt nicht nur die Demokratie des ostafrikanischen Landes auf dem Prüfstand, sondern die Wahlen waren auch ein Test für die erst kürzlich reformierte Justiz.

Wahrer Demokrat

Dieser Test ist nun bestanden. Das Oberste Gericht hat unter Richter Willy Mutunga (65), der als resoluter Verteidiger der Menschenrechte gilt, den Weg für die Vereidigung von Uhuru Kenyatta als vierten Präsidenten Kenias am 9. April freigemacht. Und Kenyattas Rivale Odinga zeigte sich nach der Verkündigung des Gerichts als wahrer Demokrat. Er akzeptierte den Richterspruch und wünschte dem zukünftigen Präsidenten alles Gute.

Das wird Uhuru Kenyatta, einer der reichsten Männer Kenias, auch brauchen. Auf ihn warten große Aufgaben im eigenen Land und gleichzeitig muss er sich mit seinem designierten Vizepräsidenten, William Ruto, vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten.

Präsident in Abwesenheit?

Beide sollen nach den Wahlen 2007 ihre Anhänger aufgehetzt haben. Rutos Gerichtsverhandlung beginnt im Mai, die von Kenyatta im Juli. Beide haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen, aber ihre Kooperation mit dem Weltstrafgericht zugesichert. Bisher verlangt die Chefanklägerin Fatou Bensouda, dass beide vor Gericht erscheinen müssen.

Das wirft die Frage auf: Wie sollen der neugewählte Präsident und sein designierter Stellvertreter ihr Land führen, wenn sie über einen längeren Zeitraum in Den Haag bleiben müssen? Die Kenianer, bekannt für erfindungsreiche neue Wege mittels Mobiltelefonen, ob mobiler Geldtransfer oder mobile Versicherung, scherzen jetzt, der neue Präsident werde das Land per Skype regieren.

Sollten die beiden verurteilt werden, würde das übrigens nicht nur Kenia in eine prekäre Lage bringen. Denn das Land ist wichtig für die Stabilität in der gesamten Region, gilt mit seiner langen Grenze zum benachbarten Somalia als Bollwerk gegen die militanten Islamisten der Al-Shabaab-Miliz.

Vertrauen gewinnen

Kenyatta, der die Wahlen mit einer knappen Mehrheit von 50,07 Prozent gewann, muss jetzt aber auch beweisen, dass er der Präsident aller Kenianer ist. Er gehört den Kikuyu, der größten Ethnie des Landes an. Er muss das Vertrauen aller Kenianer gewinnen.

Auf seiner politischen Agenda sollte ganz oben stehen: Die ungerechte Landverteilung zum Nachteil der anderen Volksgruppen rückgängig zu machen. Des Weiteren muss er wichtige Reformen, die die neue Verfassung vorsieht, vorantreiben. Es gilt insbesondere, die Menschenrechtsvergehen der Polizei aufzuklären und zu ahnden. Die tiefen Gräben und das Misstrauen zwischen den unterschiedlichen Ethnien innerhalb des Vielvölkerstaats muss endlich überwunden werden.

Für die Kenianer ist die Entscheidung ihres Obersten Gerichts ein Meilenstein im hart erkämpften Demokratisierungsprozess. Für alle, die am 4. März stundenlang vor den Wahllokalen warteten, um ihre Stimmen abzugeben, und die damit ihr demokratisches Recht ausübten, beginnt eine neue Ära.