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IAAF-Skandal wird zur Nagelprobe

10. November 2015

Der Bericht der WADA-Kommission zur Dopingpraxis in der russischen Leichtathletik offenbart Abgründe. Wer jetzt immer noch wegsieht, hat verloren, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Symbolbild Leichtathletik: die Beine von Läufern. Foto: dpa-pa
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Es ist ein Erdbeben, das nicht nur die Leichtathletik trifft, sondern den gesamten Sport. Und das ganze Ausmaß der Schäden ist noch gar nicht abzusehen. Was bisher "nur" Medien berichtet haben, wird jetzt zur Gewissheit: Eine Untersuchungskommission der Welt-Antidoping-Agentur WADA bezichtigt die russische Leichtathletik des systematischen und staatlich gestützten Dopings. Sie empfiehlt sogar, die einstige Leichtathletik-Supermacht von den Olympischen Spielen 2016 in Rio auszuschließen, wenn Russland nicht dafür sorge, den Dopingsumpf trocken zu legen. Das ist richtig starker Tobak. "Alarmierend", sagt Sebastian Coe, seit knapp drei Monaten Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF. "Zutiefst schockierend" findet das Internationale Olympische Komitee den Bericht.

Blaupause des FIFA-Skandals

Die Betroffenheit wirkt leicht aufgesetzt. War es nicht Coe, der noch kurz vor seiner Wahl zum IAAF-Präsidenten die Dopingrecherchen von ARD und Sunday Times als "Kriegserklärung" gegen seinen Sport bezeichnet hatte? Jetzt stellt sich heraus, dass in der Leichtathletik nicht nur systematisch gedopt wurde, sondern dass Coes Vorgänger Lamine Diack und dessen Clan Dopingfälle bewusst vertuscht und daran kräftig verdient haben. Das ist Korruption in Reinkultur und wirkt wie eine Blaupause des FIFA-Skandals. Nur dass es sich hier um die olympische Kernsportart handelt. Und niemand im IOC will von alledem etwas geahnt, geschweige denn gewusst haben? Es fällt schwer, das zu glauben.

Unter Druck

Der Skandal wird zur Nagelprobe für den gesamten Sport. Die WADA muss nach dem Bericht ihrer eigenen Kommission beweisen, dass sie mehr ist als ein zahnloser Tiger. Wenn sie jetzt nicht auf Konsequenzen aus den ungeheuerlichen Vorgängen in Russland drängt, kann sie sich auch gleich selbst abschaffen. Die IAAF steht - wie die FIFA - vor einem Scherbenhaufen und hat überhaupt keine andere Wahl, als den eigenen Stall auszumisten. Sonst machen es andere. Interpol ermittelt und nennt die Operation nicht umsonst "Augias", in Anlehnung an die Mistställe der griechischen Mythologie. Und auch das IOC muss beweisen, dass die von ihm propagierte "Null-Toleranz-Politik" in Sachen Doping mehr ist als nur ein Lippenbekenntnis. Wer jetzt immer noch wegsieht, hat verloren.

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter